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Mit "Das Mädchenschiff" legte die israelische Autorin Michal Zamir einen Roman vor, der, darauf weist die Autorin ausdrücklich hin, keinen autobiografischen Charakter trägt. Trotzdem bietet das 220 Seiten umfassende Buch intime Einblicke in die Gefühlswelt einer jungen Soldatin in den Reihen der israelischen Streitkräfte.
Die Tage verlaufen für die junge Bürokraft in Uniform stets nach dem selben Muster: morgens Kaffee kochen, Akten sortieren, Post holen, sortieren und anschließend verteilen und wieder Kaffee kochen. Gelegentlich unterstützt sie ihren Vorgesetzten bei seiner Doktorarbeit. Auf dem Stützpunkt sind überwiegend Offiziere anzutreffen, Männer um die vierzig Jahre, die sich hier zur Weiterbildung einfinden. Zweifellos hat fast jeder von ihnen Frau und Kinder, doch nicht alle wollen nur Kaffee trinken. Angeblich werden Frauen nach drei Abtreibungen aus dem Militärdienst entlassen. Die junge, namenlose Soldatin stellt jedoch den Beweis dar, dass es Ausnahmen gibt ...
Die Ich-Erzählerin berichtet teilnahmslos von ihrem Alltag, den kommentarlos eingeforderten Gefälligkeiten, dem Selbstmord einer Kameradin, aber auch von den fünf Abtreibungen, die im Laufe ihrer Dienstzeit bei ihr vorgenommen wurden. Hierbei fällt auf, dass diese Teilnahmslosigkeit stellenweise durch eine betont vulgäre Sprache ergänzt wird. Der Leser erhält jedoch zu keiner Zeit Zugang zu der wahren Gefühlswelt der Protagonistin und zwischen all den intimen Details fällt diese sprachliche Wucht dann auch nicht weiter auf. Das Buch gliedert sich in acht Teile, allerdings bleibt die Autorin dem Leser bis zum Schluss eine wirkliche Handlung, ein Vorankommen der Handelnden und eine Charakterentwicklung schuldig. So ergreifend und packend die Geschichte rund um die Ängste und Nöte einer jungen Soldatin sein könnte, schafft Michal Zamir es nicht den Leser in einen Bann zu schlagen.
Es bleibt fraglich, was die Autorin mit dem Buch ausdrücken wollte. Das Gelesene stellt keine Anklage gegen ein etabliertes System dar, noch bringt es ausreichend Licht ins Dunkel, um das weiterführende Interesse der Leserschaft zu wecken. Grundlegende Fragen werden nicht thematisiert, die gesamte Handlung spielt in dem kleinen Mikrokosmos "Stützpunkt". Es bleibt weiterhin fraglich, ob die beschriebenen Vorfälle gängige Praxis sind oder doch eher eine unrühmliche Ausnahme darstellen.
Mit dem vorliegenden Buch erhält der interessierte Leser weder einen packenden Roman, noch eine interessante und bewegende Biografie. Für zweiundzwanzig Euro erhält man stattdessen ein konzeptloses, auf sprachlich niedrigem Niveau rangierendes Buch, bei dem unklar bleibt, für welche Zielgruppe es geschrieben wurde.