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Ende Mai 1942 verübten tschechische Widerstandskämpfer ein tödliches Attentat auf Reinhard Heydrich, den stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Die deutschen Behörden in Prag standen unter Druck, die Attentäter zu finden, und interpretierten daher in einen eigentlich harmlosen Brief eines jungen Mannes aus dem zwanzig Kilometer von Prag entfernten Dorf Lidice Entsprechendes hinein. Zur Vergeltung für den Mord an Heydrich ließ die SS das gesamte Dorf vernichten: Sämtliche Männer wurden erschossen, die Frauen ins KZ gebracht und die Kinder - bis auf wenige in ein Lebensborn-Heim verbrachte Ausnahmen - vergast, das Dorf komplett abgebrannt.
So weit die Historie, die dem hier besprochenen Film als Grundlage dient; er orientiert sich weitestgehend an den nachprüfbaren Fakten.
Hauptcharakter ist František Šima aus Lidice, der ein paar Jahre vor diesen Ereignissen während eines heftigen Streits versehentlich seinen älteren Sohn getötet hat und deshalb im Gefängnis sitzt. Allmählich deutet sich an, dass ihm seine Frau verzeihen wird – sowohl den Totschlag am gemeinsamen Sohn als auch seine leidenschaftliche Affäre mit einer schönen Frau aus dem Dorf, von der sie Kenntnis hat. Doch plötzlich hört er nichts mehr von ihr. Seine Freilassung steht bevor, und er glaubt, dass sie und der verbliebene jüngere Sohn ihn nicht mehr sehen wollen.
Niemand hat es gewagt, František von der Auslöschung seines Dorfes zu erzählen. Und so verlässt er das Gefängnis und geht voller Bangen und Sehnsucht nach seinen Lieben nach Lidice oder vielmehr dorthin, wo Lidice eigentlich sein müsste … wo Lidice einmal war.
Es ist ein geschickter Schachzug fürs Drehbuch, den inhaftierten František Šima als einzigen männlichen Überlebenden über 16 Jahre auftreten zu lassen; an Dramatik lässt sich dies kaum überbieten, auch wenn es sich bei ihm wohl im Gegensatz zur sonst sehr realitätsnahen Handlung um einen fiktiven Charakter handelt.
Freilich wirken die ersten vierzig Minuten, die Františeks Geschichte und das ganz normale böhmische Dorf vorstellen, stellenweise doch sehr langatmig: das einzige echte Manko bei diesem Film, die Handlung kommt nicht so recht in Gang. Dies ändert sich erst mit dem Attentat, das der Auslöser für die Vernichtung von Lidice und dem Großteil seiner Bewohner sein wird. Im Film wird dieser unmenschliche, in seiner Brutalität kaum zu übertreffende Akt ausgesprochen realistisch dargestellt: das Zusammentreiben von Männern und Frauen mit ihren Kindern an unterschiedlichen Orten, die Erschießung der Männer in Serie, die Trennung der Kinder von ihren Müttern, der Abtransport der Frauen ins KZ und schließlich die Vergasung der Kinder in einem Bus, nachdem ein paar "rassisch geeignete" aussortiert worden sind. Auch das Abfackeln des gesamten Ortes – beziehungsweise entsprechender Kulissen – gibt dem Zuschauer das Gefühl, diesen barbarischen Akt unmittelbar zu beobachten.
Dabei wird nicht auf die Tränendrüse gedrückt, die Schauspieler lassen einfach die damaligen Szenen mit ihren Figuren geschehen, und diese gehen unter die Haut. Ein besonderer Alptraum ist freilich der Moment, in dem František angespannt "nach Hause" kommt und vergebens nach dem Dorf Ausschau hält. Auch der Plan des Wiederaufbaus eines neuen Lidice ganz an den Bedürfnissen der übrig gebliebenen Bewohner(innen) vorbei berührt eigenartig. Der gesamte Film wird geprägt von einem Gespür für die Momente, die Seelen letztlich zum Zerbrechen bringen.
Hauptdarsteller Karel Oden zeigt eine sehr starke, überzeugende Leistung, ebenfalls die beiden Frauen, die ihn lieben, gespielt von Zuzana Fialová und Zuzana Bydzovska. Doch auch etliche Nebenrollen wurden bestens besetzt, so zum Beispiel Františeks Mithäftlinge oder jener Tscheche, der von der SS zum Verräter an seinen Mitbürgern gemacht wird, indem man ihn zur Kollaboration zwingt. Bild- und Tonqualität sind gut. Dass die tschechische und die deutsche Tonspur vertauscht wurden, verwirrt nur im ersten Moment. An Bonusmaterial gibt es eine Trailershow und ein Wendecover: Schade, gerade bei diesem Thema und der überaus gelungenen Umsetzung hätten einige Making-of-Szenen und Interviews mit den Hauptdarstellern doch eigentlich dazugehört.
Insgesamt ein sehr gut gemachter Film, der das Grauen von Lidice ausgezeichnet vermittelt und angesichts des Terrors in aller Welt verstörend aktuell wirkt.