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Anemone ist die Tochter eines kuriosen Mannes. So sagt zumindest ihre Mutter auf dem Sterbebett, nachdem sie beim Anblick der knappen Unterwäsche ihrer Tochter zusammenbrach. Damit Anemone aber Haus, Garten und Bankkonto erben kann, muss sie ihren Vater ausfindig machen. Ganz auf ihr Erbe konzentriert, macht sie sich nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter auf den Weg und sucht nach dem Mann mit dem Nylonhaar, der sie beide damals sang- und klanglos sitzengelassen hat. Anemones Suche bringt sie mitten in die Wissenschaftszone, denn ihr Vater ist seit 25 Jahren eine der wichtigsten Personen im Großkonzern Pro-Genetics.
Wie kann eine Story bezeichnet werden, die keiner Gesetzmäßigkeit folgt und völlig wirr erzählt wirkt, wenn nicht merkwürdig? "Das ausschweifende Leben des Nylonmanns" ist selbst mit den Augen eines Lesers betrachtet, der eine lustige und vielleicht auch etwas abgedrehte Geschichte erwartet, immer noch überaus seltsam. Der Comic wirkt eher wie eine Arbeit, die zwar den Künstlern sehr viel Freude bereitet hat, ihnen Raum zum überbordenden Wahnsinn bot, aber den Leser nur staunend und mit Fragezeichen in den Augen zurück lässt. Wäre nicht das 24-seitige Interview mit Hans-Michael Kirstein in diesem Band enthalten, in dem er sehr viel zur Entstehungsgeschichte und Intention dieses Comics erzählt, stünde der Leser völlig hilflos vor dieser wilden Bildergeschichte.
Das Ganze sollte wohl eine abgedrehte und lustige Story werden, nur sind viele Ideen derart abgedroschen und erinnern teils sogar an alte Witzzeichnungen in leicht frivolen Zeitschriften, dass einfach kein Lesespaß aufkommen mag. Zudem ist die Handlung sprunghaft; unklar bleibt, was hier eigentlich erzählt werden soll. Ein kurzweiliger Comic ist dieses Werk Hermanns und Kirsteins wirklich nicht. So stellt sich die Frage, warum er nun in dieser, zugegeben sehr schönen Aufmachung, aufgelegt wurde. Für hartgesottene Hermann-Fans mag der Band interessant sein, da er wohl viele seiner Arbeiten in diesem selbst persifliert. Für alle anderen bleibt ein sehr fader Geschmack zurück, nebst einem im Halse steckengebliebenen Lachen - wenn es denn überhaupt bis zum Hals gekommen ist.
Störend beim Lesen des Interviews sind außerdem die vielen grammatikalischen Fehler. Kirstein mag alles so gesagt haben wie abgedruckt, eine korrigierte Fassung wäre aber ansprechender und besser lesbar. Das Skizzenmaterial im umfangreichen Sonderteil ist teilweise sehenswert, einzeln hat so manche Zeichnung ihre Wirkung. Innerhalb der Story aber sind Hermanns Arbeiten eher Durchschnitt, wirken sogar manchmal lieblos.
Nicht jede Zusammenarbeit ist ein Erfolg und nicht jede Arbeit eines großen Künstlers muss gut sein. "Das ausschweifende Leben des Nylonmanns" ist der gedruckte Beweis dafür.
Den ersten Teil des Interviews und die ersten drei Seiten des Comics können auf der Verlagsseite gelesen werden: zur Leseprobe.