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Die Europäer haben mit ihrer Ankunft auf Hispaniola, der Insel, auf der heute die Dominikanische Republik und Haiti zu finden sind, das fukú in die Welt gesetzt: den Fluch oder das Unheil der Neuen Welt. Die Geschichte über
das kurze wundersame Leben des Oscar Wao erzählt vor allem eine Geschichte über fukú und darüber, wie das Unheil eine Familie über Generationen hinweg verfolgt.
Alles beginnt in der Dominikanischen Republik unter dem äußerst brutalen und unerbittlichen Diktator Trujillo, der eine Art Hohepriester des fukú ist. Die Mutter des titelgebenden Oscar, die bereits vom fukù gezeichnet ist, flieht vor der Brutalität des Landes (tatsächlich aber vor allem vor der Brutalität der Frau ihres Liebhabers beziehungsweise ihrer Gefolgsleute) nach Amerika, wo sie zwei Kinder bekommt: Lola und Oscar. Mutter und Tochter haben erhebliche Beziehungsprobleme, während Oscars schwerwiegendstes Problem buchstäblich sein Gewicht ist. Im Kindergartenalter stiehlt er den Mädchen scharenweise Küsse, allerdings sind das die letzten und einzigen Küsse für eine lange Zeit. Oscar wird immer dicker, interessiert sich für Science-Fiction, Fantasy und Rollenspiele. Er ist ein durch und durch uncooler Dominikaner, ein fetter Nerd, was besonders schlimm zu sein scheint, wenn man Dominikaner ist und von morgens bis abends nur an Mädchen denken kann. Oscars Schulzeit ist die Hölle, und auch auf dem College bessert sich seine Lage nicht. Als er schließlich als Lehrer in seiner alten Schule arbeitet, scheint sein weiteres Leben vorgezeichnet: Er wird einsam und verbittert sterben, ausgestoßen und verspottet, als jungfräulicher Dominikaner - und
das hat es noch nie gegeben!
Während der Sommerferien fährt er mit Lola und seiner Mutter in die Dominikanische Republik und verliebt sich. Ob es wie so oft unglücklich sein wird, muss sich erst noch erweisen, denn dazu muss er sich seinem fukú stellen und zeigen, ob der Fluch dort endet, wo er begonnen hat, in der Dominikanischen Republik.
Junot Díaz wurde 1968 in der Dominikanischen Republik geboren, ist aber in den USA aufgewachsen. „Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao“ ist sein erster Roman - nach einem erfolgreichen Band mit Erzählungen -, für den er nicht nur von der Presse gefeiert wurde, sondern 2008 auch gleich noch den Pulitzerpreis bekommen hat.
Chronologisch durchbrochen und mittels verschiedener Chronisten erzählt der Autor die Geschichte einer Familie, die in der Dominikanischen Republik beginnt, sich in den USA fortsetzt und in der Dominikanischen Republik auf ihr Ende wartet. Über drei Generationen hinweg bewegt sich der Leser mit Oscar und seiner Familie in zwei verschiedenen Kulturen, erfährt ein wenig über die dominikanische Geschichte unter dem brutalen Trujillo, ein wenig über das dominikanische Selbstverständnis der Männer und natürlich ein wenig über das Unheil der Neuen Welt, das fukú. Auf besondere Art und Weise erzählt der Autor diese Geschichte, durchsetzt mit spanischen Ausdrücken, die alle am Ende des Buches übersetzt wurden und dem Buch eine ganz eigenen Authentizität verleihen. Seine Sprache beziehungsweise die Sprache seiner verschiedenen Ich-Erzähler ist derb und gefühlvoll, mal zynisch, mal anteilnehmend, ironisch und trotzdem immer liebevoll gegenüber den Charakteren. Und wenn Oscars Mutter an einer Stelle des Buches beschrieben wird, als jemand, der „einen Grad an Entflammtheit aushalten kann, der die durchschnittliche Nordamericana zu einem Häufchen Asche verbrennen würde“, dann kann man ähnliches auch über das Buch sagen, das nämlich eine wilde Lebenslust versprüht, eine Gier und Energie, einen Grad an Entflammtheit eben, dass man sich nur wundern kann, dass es nicht zu einem Häufchen Asche verbrennt.