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Max ist entsetzt. Sein Vater hat beschlossen, der Stadt und dem immer näher rückenden Krieg den Rücken zu kehren. Aber muss es gleich ein winziges Bauernkaff sein? Ein paar Häuser, ein Leuchtturm, die Steilküste und sonst nichts. Und während seine kleine Schwester Irina gleich auf dem Bahnhof eine streunende Katze adoptiert und sich mit dem alten, verfallenen Holzhaus anfreunden kann, ist seine große Schwester Alicia nahezu verstummt. Sie scheint mehr in der Stadt zurückgelassen zu haben, als Max ahnt. Von alledem will Maximilian Carver, ihr Vater, nichts wissen. Er versucht dem Landleben nur positive Seiten abzugewinnen und bemüht sich, seine Familie davon zu überzeugen, dass alles besser wird.
Wären da nur nicht die Träume und unerklärlichen Ängste, die Max heimsuchen. Und der unheimliche Skulpturengarten unweit des Hauses. Denn Max ist sich sicher, dass die dort stehenden Figuren nicht wirklich Statuen sind und sich sogar bewegen können. Auch Alicia scheint von Alpträumen geplagt und sucht fast ständig die Nähe ihres Bruders Max. Als die beiden Roland, den Enkel des Leuchtturmwärters, kennen lernen, scheint der Sommer gerettet. Max findet in Roland einen guten Freund, Alicia verliebt sich gar in ihn. Und doch scheint eine unheimliche Macht nach Roland, seinem Großvater und dem Haus der Carvers zu greifen, die auch Max, Alicia und Irina unversehens bedroht. Aber erst ein fast tödlicher Unfall kann den alten Leuchtturmwärter dazu bewegen, seine Vergangenheit preiszugeben und die Gestalt näher zu umreißen, die ihnen allen, vor allem aber Roland, den Tod bringen kann: den "Fürst des Nebels".
1993 erschien "El príncipe de la niebla", der erste Roman von Carlos Ruis Zafón. Mehr als ein Jahrzehnt vergriffen, ist das Werk in 2010 in neuer deutscher Übersetzung - und im Zuge des weltweiten Erfolgs der Romane des Spaniers - wieder neu herausgebracht worden. Kurz darauf ist es als Hörbuch-Ausgabe, gelesen von Rufus Beck, erschienen.
Zweifellos erreicht die Vorlage nicht die literarische Qualität der neuesten Bücher von Zafón. Doch ist dies kaum ein Vorwurf an diesen Roman, wäre es doch ein Armutszeugnis für den äußerst erfolgreichen Spanier, wenn er in zwanzig Jahren schriftstellerischer Tätigkeit nicht an seinem Stil gearbeitet hätte. "Der Fürst des Nebels" erweist sich als stringentes, leicht zu lesendes und mit jeder Seite an Spannung zulegendes Stück Literatur, das einem zum Ende hin kaum mehr die Zeit zum Atmen lässt.
Ein Glücksfall für diese Erzählung ist Sprecher Rufus Beck. Fernab seiner Möglichkeiten als Entertainer und Stimmakrobat nimmt er sich in dieser Lesung sehr weit zurück, schildert ruhig, fast wie ein unbeteiligter Chronist, die Ereignisse. Er lässt lange Zeit kaum Verve und Emotion erkennen, gibt einen geschickten Gegenpart zu der manchmal pathetischen und ausufernden Sprache des Spaniers Zafón.
"Der Fürst des Nebels" wirkt aus heutiger Sicht wie eine Fingerübung des grandiosen Schriftstellers Carlos Ruiz Zafón, ist aber in Wahrheit der erste Schritt hin zu einer Weltkarriere, die unvergessliche Bücher erschaffen hat. Flacher, einfacher, stringenter und kaum philosophisch angehaucht, ist dieser Roman - hier in der Lesung durch den glänzend aufgelegten Rufus Beck - vor allem eines: eine höchst spannende, Gänsehaut erzeugende Horrorgeschichte, die Jugendliche wie Erwachsene perfekt unterhält.
Sehr gelungen ist das Layout der Hörbuchausgabe. Das Booklet, das Inlaybild und die schön bedruckten CDs machen dieser Produktion alle Ehre, der Preis ist mehr als angemessen für diesen Erstling Zafóns, der es auch heute noch verdient, gelesen und gehört zu werden.