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Der Erste Weltkrieg wurde an zahlreichen Fronten geschlagen, in der deutschen Erinnerungskultur spielt aber vor allem die Westfront und einige Schlachten und Ereignisse im Osten eine Rolle. Die Kampfhandlungen auf dem Balkan sind kaum im kollektiven Bewusstsein präsent, allenfalls der gescheiterte Versuch der Entente die Dardanellen zu erobern.
Heinz A. Richter versucht mit seinem zweiten Band "Der Krieg im Südosten" die makedonische Front zwischen 1915 und 1918 ins Bewusstsein zu rücken. Auf gut 200 Seiten erzählt er von der Vorgeschichte, den Kriegshandlungen und den Folgen des Ersten Weltkrieges auf dem Balkan. Er beginnt mit dem Balkankrieg von 1912, stellt die Wege der einzelnen Staaten in den Krieg oder in die Neutralität und schließlich den Kriegsverlauf zwischen den Bündnisblöcken dar.
Ein letzter Abschnitt befasst sich mit Makedonien im Zweiten Weltkrieg. Im Anhang gibt es eine Bibliographie und ein Namensindex.
Heinz A. Richters zweiter Band seiner Geschichte des Krieges im Südosten ist, wie auch seine anderen Werke, eine umfangreiche Fleißarbeit, in der die Handlungen und Entscheidungen zahlreicher Akteure aller beteiligten Staaten quellennah analysiert werden. Das Ergebnis ist eine fundierte und informative Studie, die allerdings mit ihrer Faktendichte nicht gerade leserfreundlich ist.
Zunächst klingen die 200 Seiten des gebundenen Buches zwar nicht viel, aber das Buch ist dicht bedruckt und bietet eine Menge Text, der durch mehrere Bildabschnitte mit historischen Fotografien ergänzt wird. Außerdem finden sich mehrere Karten im Text. Dennoch ist es manchmal ein Kampf, sich durch die ausführlichen Darstellungen der diplomatischen Ränke und Schachzüge sowie der militärischen Problemlagen und Kampfverläufe zu lesen. Oft denkt sich der Leser, dass eine Zusammenfassung der Position eines Politikers ausgereicht hätte und nicht jede einzelne Szene ausgeführt werden muss, die seine Position nochmal belegt.
Der Vorteil der detaillierten Darstellung, häufig durch Quellenzitate belegt, ist allerdings, dass ein aufmerksamer und konzentrierter Leser ohne jegliches Vorwissen sich gut in den Gang der Ereignisse einfinden kann. Wer also tief in die Materie einsteigen will, ist mit Richter sehr gut bedient. Was allerdings auch ein wenig zu kurz kommt, ist die Reflexion über Methode und Ziel der Darstellung. Es wird kaum eine koharänte historische Fragestellung verfolgt, sondern zumeist nur eine Ereigniskette vermittelt.
Dabei zählt der Autor zwei Fragestellungen in der Einleitung auf, die seine Studie beantworten will. Zum einen stellt er die spannende Frage, inwiefern der Zusammenbruch der bulgarischen Front kriegsentscheidend war. Spannend ist sie deswegen, weil diese Front in der englischen Historiographie einen bedeutenden Platz einnimmt, in der deutschen allerdings nicht, obwohl Hindenburg und Ludendorff ihr in ihren Memoiren eine wichtige Rolle für den Ausgang des Krieges zuweisen. Zum anderen fragt er, inwiefern die Behauptung stimmt, dass der griechische König prodeutsch und der Premierminister proenglisch waren. Beide Fragen werden zum Ende hin wieder aufgegriffen. In den fast 200 Seiten Text spielen sie aber insgesamt nur selten eine Rolle. Einer Leitfrage folgt die ganze Arbeit also nicht.
Das alles heißt aber nicht, dass der Autor keine subjektiven Wertungen mit hineinbränge. An einigen Stellen zeigt Richter seine deutlich ententekritische Haltung. Das beginnt schon in der Einleitung mit einigen Auslassungen über die Zensurpolitik der Ententestaaten. Ähnliche Kritik an den Mittelmächten wird kaum geäußert. Ein wohlwollender Leser kann über manche irritierende, ein wenig an Verschwörungstheorien erinnernde Bemerkung des Autors aber hinweglesen. Sie sind so vereinzelt als dass sie die Gesamtdarstellung ernsthaft beeinträchtigen würden.
Fazit: Das ganze Buch ist eher eine fundierte ausformulierte Chronologie, die einen konzentrierten Leser verlangt. Zur Einführung ist sie weniger zu empfehlen, eher für jemanden, der ähnlich tief in das Thema einsteigen will wie der Autor.
Weitere Informationen zum Buch sowie ein Blick ins Inhaltsverzeichnis finden sich auf der Webseite des Verlags.