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London, 1939: England beobachtet mit zunehmendem Unbehagen, was Hitler in Deutschland treibt; es ist klar, der Krieg ist nur noch eine Frage der Zeit. Doch für die elfjährige Tally ist der Krieg bis jetzt nur ein großes Spiel, silberne Ballons, die die Bewohner Londons vor den Luftangriffen schützen sollen, sind für sie ebenso faszinierend wie die Luftschutzbunker, die wie Pilze aus dem Boden schießen.
Doch Tallies Vater weiß, was Krieg bedeutet, und so ist er froh über die Chance, die sich seiner Tochter bietet. Als Stipendiatin soll Tally am Internat Delderton angenommen werden und eins seiner großen Vorzüge ist es auf dem Land zu liegen, weit weg von London. Zuerst ist Tally tief betrübt weggeschickt zu werden, doch Delderton erweist sich als eine gänzlich andere Art von Internat, als sie es aus Büchern und den Berichten ihrer Cousine und ihres Cousin kennt. Delderton ist eine moderne Schule ohne Uniformen und die Kinder entscheiden selbst, ob sie am dem oft etwas unkonventionellen Unterricht teilnehmen.
Ein Brief, der eine Tanzgruppe von Delderton auf ein internationales Fest in Berganien senden will, versetzt Tally dann in helle Aufregung. Angeregt durch einen Betrag, den Tally erst kürzlich über Berganien gesehen hat, setzt das Mädchen alles daran eine Tanzgruppe auf die Beine zu stellen, um Berganien so den Respekt Englands zu erweisen. Doch was als ein großes Fest geplant, wird endet in einer Tragödie. Berganien gerät durch seine neutrale Haltung zunehmend in Bedrängnis und es kommt, wie es kommen muss: Auf der Eröffnung des Tanzfestes wird der König erschossen. Tally, die sich durch einen glücklichen Zufall mit dem Kronprinzen Karil angefreundet hat, weiß, dass ihr neuer Freund in Gefahr ist und so schmiedet sie einen Rettungsplan, um Karil vor den Deutschen in Sicherheit zu bringen. Ein Abenteuer beginnt …
"Der Libellensee – oder Wie man einen Prinzen rettet" stammt aus der Feder der britischen Schriftstellerin Eva Ibbotson. In der Originalsprache 2008 erschienen, hat es das Buch nun auch in die deutsche Sprache geschafft.
Mit dem Buch wird der Leser in die Vergangenheit versetzt, zurück in die Zeit unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg. Die kommende Bedrohung wird als dunkler Schatten über der ganzen Handlung wahrgenommen, aber ist nie wirklich greifbar – erst mit den Ereignissen um die Figur des Kronprinzen Karil wird Eva Ibbotson hier deutlicher. Aber in erster Linie geht es erst einmal um Freundschaft und ganz unterschiedliche Menschen. Ibbotson erschafft eine Vielzahl von unterschiedlichen Charakteren, die alle ihre Stärken und Schwächen haben und so sehr lebendig und lebensecht wirken. Für die Schilderungen über das Internat Delderton hat Eva Ibbotson auf ihre eigenen Erfahrungen zurückgegriffen, was man gerade in der etwas absurd wirkenden Art dieses Internats umso stärker merkt, da es trotz aller Merkwürdigkeiten doch sehr stimmig und real wirkt. Aber Delderton und damit die Hauptfigur Tally sind ja nur ein Teil der Handlung; der andere Handlungsstrang handelt vom Kronprinzen Karil, der sich nichts sehnlicher wünscht als ein normales Kind zu sein und der gerne Freunde hätte. Durch einen glücklichen Zufall kann er aus seinem goldenen Käfig entkommen und findet sich plötzlich in der schlimmsten Not Seite an Seite mit seinen Freunden, die ihn nicht im Stich lassen. Gerade dieser Komplex ist doch sehr was fürs Herz, der Leser leidet die ganze Zeit mit Karil mit, sei es, wenn er die Welt mit seinem Fernrohr betrachtet oder auch dann, wenn er seinen Vater verliert.
Doch das echte Abenteuer beginnt ja erst danach, wenn Eva Ibbotson noch die eine oder andere Überraschung aus ihrer Feder zaubert, die den Leser im Atem hält und er bis zuletzt nicht weiß, ob nach allem Durchgestandenen vielleicht doch noch alles zunichte gehen wird und das erhoffte Happy End ausbleibt.
"Der Libellensee" ist damit eine gelungene Geschichte über Unterschiede und Freundschaften, verpackt in einen abenteuerlichen Kontext, in der es um alles oder nichts geht - und nicht zuletzt auch darum, ob Träume wahr werden können.