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Doktor Hamilton kann es kaum ertragen, in die Augen seiner elfjährigen Tochter Tally zu blicken. Sein Ein und Alles wegzuschicken bricht ihm fast das Herz. Doch der bevorstehende Krieg mit Hitler-Deutschland lässt ihm keine Wahl. Hamilton muss wenigstens Tally in Sicherheit wissen. Und so muss sie für sechs lange Kriegsjahre nach Delderton. Das Internat entpuppt sich jedoch nicht als strenge Schule, sondern als Hort der Freiheit und des selbstbestimmten Lernens. Schon nach wenigen Wochen beweisen die Briefe Tallys ihrem Vater, dass es seiner Tochter gut geht.
Mehr noch, sie blüht in Delderton regelrecht auf. Denn ihr hervorstechendster Charakterzug ist die Sorge um ihre Mitmenschen. Und dieser Zug findet inmitten der Mitschüler unzählige Gelegenheiten, sich zu bewähren. Sie hilft, wo sie kann und selbst einige Lehrer kommen in den Genuss ihrer bis zur Halsstarrigkeit führenden Eigenart, die Probleme anderer nicht nur zu erkennen, sondern sie auch möglichst in Eigenregie zu lösen. Schon bald sind Tallys liebenswürdige Art, ihre Herzenswärme und ihr mitfühlendes Wesen ein nicht mehr wegzudenkender Faktor des schulischen Miteinanders.
Als der Kulturminister von Berganien, einem Zwergstaat unmittelbar an den Grenzen zu Nazideutschland, die Schule einlädt, an einem Volkstanzfestival teilzunehmen, ist es Tally, die gegen den Widerstand des Lehrerkollegiums und der meisten Schüler durchsetzt, dass die Schule die Einladung annimmt. Und das alles nur, weil Tally in einem Wochenschaubericht erfahren hat, wie tapfer sich der König von Berganien gegen das Ansinnen Hitlers, seine Truppen durch das kleine Land marschieren zu lassen, vehement zur Wehr setzt. Auch Prinz Karil von Berganien hat es Tally angetan, scheint er doch ebenso tapfer und aufrecht zu sein wie sein Vater. Als Tally zufällig Karil kennen lernt, fühlen die beiden Kinder sofort zueinander hingezogen. Tally ahnt in diesem Moment nicht, dass die härteste Bewährungsprobe ihres Lebens vor ihr steht. Denn auf den König wird ein Attentat verübt und auch Karil gerät in Lebensgefahr. Doch wie soll die elfjährige Britin Tally den Prinzen von Berganien retten?
Zwei Jahre vor ihrem überraschenden Tod am 23.10.2010 veröffentlichte Eva Ibbotson den Roman "The Dragonfly Pool", der Mitte 2010 unter dem Titel "Der Libellensee oder Wie man einen Prinzen rettet" auch in Deutschland erschienen ist.
Die Geschichte der elfjährigen Tally ist herzerwärmend, teils dramatisch, teils rührselig und in manchen Passagen schlicht wunderschön zu lesen. Das Plädoyer der zu dieser Zeit dreiundachtzigjährigen Autorin für Menschlichkeit, für ein demokratisches, offenes Schulwesen und die Hervorhebung der eigenen Wünsche und Ziele als alleinige Faktoren, die über die Zukunft eines Menschen entscheiden sollten, sind äußerst lesenswert. Selbst Kinder ab zehn Jahren können der recht langen Geschichte problemlos folgen und selbst die Thematisierung der Naziherrschaft und der Mordmaschinerie, die Hitler und seine Schergen in Gang setzten, überfordert Kinder in keinster Weise.
Auch die Coverillustration von Kevin Hawkes (siehe links) ist mehr als gelungen. Selbst die deutsche Ausgabe glänzt in allen Belangen und kann vollends überzeugen. Auch die auf den ersten Blick eher unpassende Illustration von Peter Gut trifft den Charakter der Geschichten und findet auch in der Hörbuchausgabe Verwendung.
Diese Hörbuch-Produktion jedoch enttäuscht. Zwar leistet Sandra Schwittau Beachtliches - ihre Lesung kann man mit Fug und Recht als perfekt bezeichnen. Dennoch wird aus einer brillanten, wundervollen, warmherzigen Geschichte fast ein Nichts. Denn das Buch wurde auf zweihundertvierunddreißig Minuten Lauflänge gekürzt. Oder besser gesagt: verstümmelt. Da scheinen Ereignisse nicht zusammenzupassen, Personen tauchen auf, die eigentlich nicht da waren, diverse Vorkommnisse verschwinden im Nirwana.
Was bleibt, ist eine nette, liebevolle, aber eben nicht herausragende Geschichte, die auf vier, fünf oder gar sechs CDs gepresst sicherlich zu einem Bestseller avanciert wäre.
Eine Hörprobe gibt es auf der Website des Hörverlags.