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Zehn endlos lange Jahre lebten Allison, David und Charlie als Stiefgeschwister im Haus von "Dad", wie sie ihren Adoptivvater nennen mussten. Nach außen hin ein pflichtbewusster Polizist und treusorgender Familienvater, übte "Dad" zu Hause eine furchtbare Schreckensherrschaft aus: Er plante, die drei Kinder nach dem Vorbild von Nietzsches Schriften zu "Übermenschen" zu erziehen. Dabei war ihm beinahe jedes Mittel recht – grausame Misshandlung, Unterdrückung, sinnloser Drill und psychischer Missbrauch. Währenddessen waren die drei Kinder im Haus eingeschlossen, ohne jemals eine Schule zu besuchen oder andere Menschen zu treffen – bis sie sich eines Tages, als das Grauen eine neue Stufe erreichte, zur Wehr setzten und "Dad" gemeinsam töteten. Es schien das Ende ihrer Gefangenschaft und ihres Martyriums, denn endlich war das Monster, das sich ihr Vater nannte, tot.
Viele Jahre später: Die Wege der Stiefgeschwister haben sich getrennt. Während Allison als FBI-Agentin Serienkiller jagt, haben Charlie und David eine Stiftung zum Wohl missbrauchter Kinder ins Leben gerufen. Nach außen hin sammelt die Stiftung lediglich Geld von wohlhabenden Spendern, um Kinder in aller Welt zu unterstützen. Ihre wichtigste und im Geheimen vollzogene Aufgabe ist jedoch die gezielte Jagd auf Kinderschänder, die von Charlie gnadenlos zur Strecke gebracht werden.
Dann erhalten David, Charlie und Allison anonym ein grausiges Video, in dem ein maskierter Mann eine Frau vergewaltigt, eiskalt tötet und mit der Tötung weiterer Frauen droht. Das Schlimmste: Die drei kennen das Opfer aus dem Video. Der Maskierte fordert, dass die ehemaligen Adoptivkinder sich wieder zusammentun und eine Reihe von schrecklichen Aufgaben für ihn erledigen – ansonsten wird er ihnen das nehmen, was sie am meisten lieben. Ist das Erbe von "Dad", dem die drei entkommen zu sein glaubten, immer noch lebendig?
Der neueste Thriller von Cody Mcfadyen ist ein eigenständiger Roman und keine Fortsetzung der
Smoky Barrett-Reihe. Was sich jedoch nicht geändert hat, ist das plastische Grauen, das den Leser in diesem Buch erwartet. War schon der letzte Roman "
Ausgelöscht" sehr drastisch, setzt "Der Menschenmacher" nochmal einen drauf. Mcfadyen ist offenbar wild entschlossen, jede denkbare Abartigkeit unterzubringen: sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, Folter, Misshandlung, Manipulation, Psychospielchen und Gewalt, viel Gewalt. Dass dieser Roman dennoch kein sensationslüsterner Schundroman ist, verdankt er dem ausgefeilten Stil von Mcfadyen, der zwar schamlos alles an schweren Geschützen auffährt, was nur denkbar ist, um zu schockieren und für Nervenkitzel zu sorgen, der sich aber trotzdem sehr gut liest und trotz (oder gerade wegen) des schlimmen Themas blendend unterhält.
Man kann gar nicht anders, als mitzufiebern, wenn Allison, Charlie und David in einer quälenden Rückblende den Plan fassen, den verhassten Stiefvater zu ermorden, oder wenn ein offenbar irrer Psychopath den inzwischen Erwachsenen grausige Aufgaben im Stil einer Schnitzeljagd stellt. Der Autor hat es einfach drauf, Schrecken um Schrecken aus der Feder zu zaubern und das Monster "Dad" sowie dessen Nachhall so deutlich vor dem inneren Auge des Leser zu erschaffen, dass es einen schaudert – trotzdem blättert man brav und mit angehaltenem Atem weiter, um nur ja keine Zeile dieses hochspannenden Thrillers zu verpassen. Die Charakterbeschreibungen können überzeugen, auch wenn die Figuren einmal wieder etwas hochgegriffen sind: Allison ist natürlich eine brillante und entschlossene Agentin, David ist ein erfolgreicher Schriftsteller, Charlie eine effektive Tötungsmaschine. Als Gegengewicht haben die drei Hauptfiguren jedoch eine Menge Macken, Süchte und Zwänge, die nur plausibel sind angesichts ihrer furchtbaren Kindheit.
Das große Ganze, das hinter der komplexen Story steht, welche sich auf mehreren Zeitebenen zuträgt, ist indes ein bisschen schnell abgehandelt, trotzdem ist es eine clevere Auflösung, die den bösen Strippenziehern gerecht wird. Als Leser muss man gut aufpassen, um nicht zu versäumen, wie am Ende alles zusammenpasst und wer denn nun hinter dem unfassbaren Plan steht, der alles umschließt und der Allison, David und Charlie noch manipuliert und beeinflusst, als sie längst glauben, dem Horror der Kindheit entronnen zu sein.
"Der Menschenmacher" ist ultraspannend, aber teilweise auch abstoßend und überbordend brutal. Manchmal scheint es ein wenig zu viel des Guten – oder eher des Bösen –, das hier eingeflossen ist, als versuche der Autor, sich mit jedem Buch selbst zu übertreffen. Trotzdem ist Cody Mcfadyen ein zweifellos guter Schriftsteller, der virtuos mit den Fans düsterer Psychothriller spielt, ihnen gibt, was sie wollen, und sie nicht mehr aus seinen Fängen entlässt, bis die letzte Seite umgeblättert ist.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlags-Website: Der Menschenmacher