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Gleich fünf Morde sind in Whitechapel geschehen, das ist selbst in einer Stadt wie London außergewöhnlich. Schlimmer noch, bei seinen Ermittlungen kann Detective Shawn Ryan einfach kein Motiv für das Verbrechen finden. Sein Verdacht fällt auf den Schriftsteller Thomas De Quincey, der in seinem Aufsatz "Mord als eine der schönen Künste betrachtet" eben solche Verbrechen beschrieben hat. Schnell wird klar, De Quincey ist unschuldig, doch der Schriftsteller ist bereit, bei den Ermittlungen zu helfen. Die beiden Männern merken schnell, dass ihre Erkenntnisse sie in Gefahr bringen, sieht es doch so aus, als käme der Mörder aus der besseren Gesellschaft.
David Morrell spinnt seine Erzählung um den opiumsüchtigen Schriftsteller Thomas De Quincey, der wirklich gelebt hat (1785 bis 1859). Dieser war als Skandalautor bekannt, was hauptsächlich daran lag, dass er seine Opiumsucht offen zugab und in seinem Buch "Bekenntnisse eines englischen Opiumessers" beschrieb. Sein zweites, sehr bekanntes Werk "On Murder Considered as One of the Fine Arts" inspirierte Morrell ganz offensichtlich zu dem Titel für seine eigene Geschichte über den Schriftsteller und die Morde, die er beschrieb. Morrell bezieht sich auf die Ratcliffe Highway Morde, die damals (1811), ganz England jahrelang in Angst und Schrecken versetzten und bekannter waren als die späteren Morde "Jack the Rippers", der heute wohl der bekanntere viktorianische Serienmörder ist.
Ein paar künstlerische Freiheiten nimmt sich der Autor heraus, er versetzt die Morde ins Jahr 1854 und De Quincey nach London, um seine Geschichte stimmig zu gestalten. "Der Opiummörder" ist eben eine erdachte Geschichte, trotz aller historischen Sachkenntnis, mit denen der Autor dem Buch Leben verleiht. Diese Mischung aus Fiktion und Fakten funktioniert außerordentlich gut. Ob es die Gründung der Londoner Polizei ist, oder die Herkunft des Spitznamens "Bobbies" für die Polizeibeamten, Morrell schafft es, den Leser auf unterhaltsame Weise zu informieren und so ein farbenprächtiges Sittengemälde zu gestalten.
Oft sind es solche Kleinigkeiten und Nebensätze, die zeigen, wie gut sich der Autor in der Geschichte Englands und der damaligen Gesellschaft auskennt. Morrell greift auch in der Zeit populäre Legenden auf, wie den spring-heeled Jack oder aber die damals gängigen Vorurteile über die Iren. Bei einigen Gelegenheiten unterbricht der Autor seine Handlung und vergleicht die viktorianischen Gegebenheiten, wie Ermittlungsmethoden, oder auch den damals fast alltäglichen Gebrauch von Opiaten mit der Gegenwart. Dadurch lässt die Spannung an den entsprechenden Stellen nach, doch es ermöglicht dem Leser Verständnis für die Situation der Protagonisten zu entwickeln. Da Morrell auch verschiedene Perspektiven für seine Story benutzt, ist "Der Opiummörder" eher interessant und informativ, als nervenzerfetzend spannend. Trotzdem fällt es schwer, jenes Buch aus der Hand zu legen, das mit dem Nero Award, einen US-Literaturpreis für Kriminalliteratur im Jahr 2014 ausgezeichnet wurde.
Morrell kann schreiben und den Leser bei Laune halten. Wer historische Krimis mag, sollte auf jeden Fall einen Blick ins Buch werfen.
Weitere Informationen finden sich auf der Verlagsseite.