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Die Sucht kann einen Menschen verändern und zu abscheulichen Dingen veranlassen. Paul Amon ist ganz unten angekommen, denn er hat schon durch den Alkohol seine Frau und seine Tochter verloren. Mit seiner Gesundheit steht es auch nicht zum Besten. Überdies quält ihn nun auch noch die Frage, ob er im Rauschzustand sogar etwas Schreckliches und Unverzeihliches getan hat. Ist es möglich, dass Paul eines Nachts ein junges Mädchen vergewaltigt hat? Er kann sich nicht ganz erinnern, aber die Erinnerungsfetzen sind mehr als beunruhigend.
Währenddessen erweckt ein Inserat seine Aufmerksamkeit: Ein Team von Hirnforschern verspricht sensationelle Heilungschancen innerhalb kürzester Zeit. Jedoch stellt sich der suchtkranke Proband unwissentlich für wissenschaftliche Tests bereit. Obwohl Paul schon mulmig zumute ist, nutzt er diese letzte Chance - mit albtraumhaften Folgen …
Guido Kniesel erzählt in seinem Debütroman "Der Proband" eine wirklich düsterere und überaus spannende Geschichte, in der Fiktion und medizinische Fakten geschickt miteinander kombiniert werden. Die Story entwickelt sich dabei über zwei Handlungsstränge.
Zuerst wird der Protagonist Paul Amon vorgestellt, der schon lange dem Alkohol verfallen ist und sich selbstverschuldet seiner Familie entfremdet hat. Lange Zeit betäubt er sich und seine Probleme - auch seine ruinierte Gesundheit - mit Zigaretten und Hochprozentigem. Damit ist Paul nicht gerade der typische sympathische Held. Dieser Eindruck wird noch weiter verstärkt, wenn Paul sich immer wieder seinen Rauschzuständen hingibt, obwohl diese für seine Erinnerungslücken verantwortlich sind. Er ist sich nicht einmal sicher, ob er in solch einem Zustand ein junges Mädchen vergewaltigt hat.
Als ebenso unsympathisch erweisen sich die Wissenschaftler, durch deren Inserat Paul wieder neue Hoffnung schöpft. Für Professor Richter, der Leiter der Abteilung Neuro- und Verhaltensbiologie, gilt genauso wie für seine Mitarbeiter: Erfolg um jeden Preis!
Da ihrem Forschungsprojekt in absehbarer Zeit die Gelder gestrichen werden, wird auch nach ungewöhnlichen und illegalen Lösungen gesucht. Vor allem Dr. Kalinski ist von vornherein klar, dass der Proband niemals reden darf – egal ob die Forschung erfolgreich ist oder nicht.
Auch wenn die meisten Charaktere zunächst nicht als konziliant bezeichnet werden können, so ist die Geschichte dadurch nicht weniger fesselnd oder lebendig. Vielleicht liegt gerade hier ihre Stärke.
Der Leser bekommt somit immer wieder Einblicke in Pauls Leben wie auch in das der Wissenschaftler und deren Arbeit. Dabei bleiben die medizinischen Erklärungen zum Gehirn, speziell zum limbischen System, auch für den nicht fachkundigen Leser immer nachvollziehbar. Gleichzeitig ermöglicht der einfache und flüssige Erzählstil ein zügiges Lesen. Positiv fallen auch die kurzen und damit angenehmen Kapitel auf, welche noch mehr die Tatsache unterstützen, dass der Leser das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Kniesel gelingt mit seinem Werk "Der Proband" direkt ein Volltreffer - ein kurzweiliger Roman in dem sich Sucht, (Human-)Experimente, Rache, düstere Gestalten und menschliche Abgründe wiederfinden. Lesespaß ist hier garantiert!