Allmählich hat der Londoner Privatermittler Cormoran Strike geschäftlich Fuß gefasst: Zu seinen Hauptaufgaben gehört es, im Auftrag reicher scheidungswilliger Frauen deren Ehemänner der Untreue oder sonstiger Machenschaften zu überführen, aus denen eine üppige Abfindung resultieren wird.
Als die verhärmte Frau des mäßig erfolgreichen Romanschriftstellers Owen Quine ihn aufsucht und ihn bittet, ihren seit etlichen Tagen verschwundenen Mann zu suchen, ist Strike sofort klar, dass sie ihn nicht wird bezahlen können. Dennoch reizt ihn der Fall, und er nimmt an.
Seine Recherche führt ihn in die Welt der Verleger, Literaturagenten, Autoren und Kritiker, denn schon sehr rasch zeigt sich, dass Quines Unauffindbarkeit etwas mit seinem gerade vollendeten Romanmanuskript zu tun haben muss, das den Titel "Bombyx Mori", den lateinischen Namen für den bekannten Schmetterling "Seidenspinner", trägt. In diesem Buch verunglimpft Quine alle Menschen in seiner Umgebung: seine Ehefrau sowie sämtliche Personen aus dem ihm umgebenden Literaturbetrieb, und dies auf äußerst primitive, anstößige Weise unter Ausnutzung von Insiderwissen.
Als dann Quines Leiche gefunden wird und Spuren eines barbarischen Mordes aufweist, gibt es natürlich einen enormen Kreis an Verdächtigen.

Robert Galbraith ist das Synonym der Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling, und bei "Der Seidenspinner" handelt es sich um seinen/ihren zweiten Band mit Cormoran Strike. Um sich in das Geschehen um den Privatermittler und seine engagierte Assistentin Robin Ellacott hineinzufinden, ist die Lektüre beziehungsweise das Anhören des ersten Bandes nicht notwendig: Schon bald kennt der Hörer Strikes Lebensgeschichte und Robins Beziehungsprobleme und berufliche Ambitionen genau.
Auch wenn die Handlung durch Streitigkeiten und andere Nebenschauplätze aufgelockert wird, wirkt sie sorgfältig aufgebaut und in sich schlüssig. Allerdings gibt es so viele Menschen mit einem Groll gegen das Opfer und einem nicht ganz geringen Aggressionspotenzial, dass bis zum Schluss völlig offen bleibt, wer denn nun der Täter sein mag – Mitraten ergibt nicht viel Sinn, der Hörer lässt sich am besten einfach mitnehmen und unterhalten. Wobei wegen des ziemlich hohen Ekelfaktors der Begriff "unterhalten" großzügig interpretiert werden sollte.
Die wesentlichen Charaktere wurden erfreulich differenziert und schlüssig gestaltet, wenngleich doch gerade bei den Figuren aus dem Verlagswesen einige Überzeichnungen auftreten und man sich an Satire erinnert fühlt. Vielleicht hatte nicht nur der Autor des "Bombyx Mori" seine Gründe, mit dem Literaturbetrieb abzurechnen? Jedenfalls lebt der Roman nicht unwesentlich von den teils herrlich schrägen Typen, die darin ihre Rollen wahrnehmen, so zum Beispiel zwei Frauen aus dem von Quine geleiteten Schreibkurs, die ihm wie Groupies schier zu Füßen liegen.
Galbraith aka Rowling versteht es, die Spannung trotz des beachtlichen Umfangs des Krimis größtenteils zu halten. Einige Längen ließen sich offensichtlich nicht vermeiden. Nicht zuletzt nerven irgendwann die detaillierten Schilderungen von Strikes Schmerzen im Knie seines unterschenkelamputierten Beines; das braucht der Hörer dann doch nicht alle paar "Seiten" aufs Neue. Auch Robins Empfindlichkeiten wirken bisweilen etwas überzogen. Dennoch fesselt der Roman und kann zudem mit einem fulminanten Showdown aufwarten.
Dietmar Wunder beweist einmal mehr seine Qualitäten als Hörbuchsprecher, der die einzelnen Figuren gut interpretiert und die Spannungsbögen bestens zu transportieren versteht, sodass sich ungetrübter Hörgenuss ergibt. Inhaltlich wie auch in Bezug auf die Hörbuchfassung also eine klare Empfehlung, insbesondere für Krimifreunde, die den satirischen "Touch" zu schätzen wissen.

Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.

Geliefert wird das Hörbuch als apart aufgemachtes Karton-"Leporello" mit Steckfächern für die drei MP3-CDs.