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 Der Sommer ohne Männer

Autoren: Siri Hustvedt
Regisseure: Georges Bess
Sprecher: Eva Mattes
Übersetzer: Uli Aumüller
Verlag: Argon

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Als Mias Mann Boris verkündet, dass er eine Pause von der langjährigen Ehe benötigt, stürzt das die 55-Jährige in ein tiefes Loch – in der Tat so tief, dass die Dozentin und Lyrikerin erst mal für eine Woche in der Psychiatrie landet. Denn Boris' "Pause" ist jung, attraktiv und seine Laborassistentin. Wieder aus der Klinik entlassen, aber immer noch schwer angeschlagen und von Selbstzweifeln gequält, nimmt Mia sich ihrerseits eine Auszeit und verkriecht sich für den Sommer in ihrem Heimatort Bonden in Minnesota.
Es wird ein höchst interessanter Sommer fast ganz ohne Männer, in dessen Verlauf Mia langsam wieder zu sich selbst findet, Freundschaft mit ihrer jungen Nachbarin Lola knüpft, viel Zeit mit ihrer Mutter und deren betagten Freundinnen verbringt – die alten Damen, die allesamt in einem Altenwohnheim leben, werden liebevoll "Die Schwäne" genannt – und einen Schreibkurs für eine Gruppe pubertierender Mädchen gibt, was zu dramatischen Ereignissen führt.

"Der Sommer ohne Männer" ist ein ruhiger, sensibel und intelligent geschriebener Roman, in dem, wenn man am Ende noch einmal zurückblickt, recht viel passiert – und doch manchmal quälend wenig, während man der Lesung von Eva Mattes lauscht. Die gefühlte Länge der Erzählung nimmt Autorin Siri Hustvedt, übrigens die Frau von Autor Paul Auster, selbst augenzwinkernd ein wenig aufs Korn. Im Verlauf der Handlung wendet sie – beziehungsweise ihre Protagonistin Mia – sich immer wieder direkt an den Hörer, lobt ihn bisweilen, weil er am Ball bleibt und ausharrt, und verspricht irgendwann etwa in der Mitte der Geschichte, dass nun bald aufregende Begebenheiten anstehen. Diese halten sich eher in Grenzen, was Aufregung und umwälzende Ereignisse betrifft, aber "Der Sommer ohne Männer" ist eben kein Buch randvoll mit Spannung und Dramatik, auch wenn durchaus spannende und dramatische Dinge passieren.

Im Wesentlichen ruht der Roman in Mia und in ihrer Selbstflexion - in ihren Zweifeln, Gedanken, Wünschen, Hoffnungen, in ihrem langsamen Gesunden und Wieder-Erstarken -, und in den Beziehungen und Episoden mit den anderen Frauen, die Mia in diesem Sommer umgeben. Männer treten tatsächlich nur als Randfiguren in Erscheinung und dann auch eher als Störfaktor: als Mias treuloser Ehemann Boris; als dessen depressiver Bruder Stefan, der sich vor einiger Zeit tragisch das Leben nahm; als cholerischer Mann von Nachbarin Lola; als niedlicher, aber für die Handlung unerheblicher Säugling; als anonymer E-Mail-Schreiber "Niemand", der Mia nach und nach in eine hochgeistige Konversation verwickelt und von dem nicht völlig klar wird, ob er tatsächlich ein Mann ist.
Die tragende Rolle hier spielen tatsächlich Frauen mit höchst verschiedenen Facetten: die liebenswerte, vom Leben nicht gerade verwöhnte Lola und ihre eigenwillige kleine Tochter Flora; die gebrechlichen, aber geistig noch sehr regen "Schwäne von Rolling Meadows"; Mias geliebte Tochter Daisy und ihre Schwester Bea, und nicht zuletzt die sieben Mädchen, denen Mia Unterricht in kreativem Schreiben gibt und die in ein kompliziertes Geflecht von Zu- und Abneigung, von Freundschaften und Intrigen verwickelt sind.

Siri Hustvedts Stil muss einem liegen, denn gerade in der ungekürzten Hörbuchfassung ist es manchmal etwas anstrengend, ja fast ermüdend, den schönen, aber umständlichen Ergüssen Mias zu lauschen, während die Handlung sich nur wenig von der Stelle bewegt. Zweifellos aber fühlt man sich als Hörer bald sehr wohl in Bonden, fühlt sich verbunden mit den "Schwänen", bangt um den Gesundheitszustand der alten Damen, würde gerne selbst mit Lola im Garten sitzend plaudern, fiebert mit den Ereignissen um die jungen Mädchen in Mias Schreibklasse mit und fühlt sich heimisch in diesem Sommer in der Provinz. So kommt es, dass man schnell in den Sog der Geschichte gerät und das Ende unbedingt erfahren möchte, auch wenn man sich hin und wieder wünscht, dass Mia – stellvertretend für Siri Hustvedt – weniger Exkurse in Lyrik und Wissenschaft unternehmen und stattdessen der Handlung etwas mehr Schwung geben würde.

Die leise, nachdenkliche Art des Romans wird perfekt transportiert durch den schnörkellosen, sehr angenehmen Vortrag von Sprecherin Eva Mattes (unter anderem bekannt als Tatort-Kommissarin Klara Blum).
Die sechs CDs sind in einer stabilen Pappbox zum Aufklappen untergebracht; weniger robust sind die dünnen Papierhüllen mit Sichtfenster, in denen die einzelnen CDs stecken.

Fazit: "Der Sommer ohne Männer" ist ein ruhiger, elegant komponierter, bisweilen melancholischer und oft heiter-leichter Roman. Wer große Ereignisse erwartet, dürfte eventuell enttäuscht sein; wer sich gerne von Siri Hustvedts anspruchsvollem Stil gut unterhalten lassen möchte und auch die vielen Abschweifungen nicht übelnimmt - oder sogar gerade diese genießt -, den dürfte der Roman definitiv fesseln.

Zur Hörprobe bei Argon: "Der Sommer ohne Männer"

Christina Liebeck



CD | CD-Anzahl: 6 | Erschienen: 3. März 2011 | ISBN: 978-3839810941 | Laufzeit: 414 Minuten | Originaltitel: The Summer without Men | Preis: 24,95 Euro | Sprache: Deutsch

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