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Vom 27. Juni bis zum 11. Oktober 2009 findet im Museum Frieder Burda, Baden-Baden, eine Ausstellung zum Blauen Reiter statt, die vom Lenbachhaus und von der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung in München unterstützt wird. Der hier besprochene Ausstellungskatalog zu dieser Ausstellung ist im Verlag Hatje Cantz erschienen.
Auf ein Geleitwort von Frieder Burda folgt eine Einführung, die Geschichte und Bedeutung des Blauen Reiters umreißt. Es schließen sich drei Essays an, deren erster die Geschichte des Blauen Reiters sozusagen etappenweise nachvollzieht, beginnend mit dem Jahr 1896, als Wassily Kandinsky in München eintrifft. In dieser Arbeit geht es aber nicht nur um die Chronologie der Gruppe und ihrer Vorläuferin, der Neuen Künstlervereinigung München, sondern vor allem um die Beziehungen ihrer Mitglieder und Freunde untereinander. Deshalb werden zahlreiche aufschlussreiche Quellen mit eingebunden, darunter vor allem Briefe von den Künstlerinnen und Künstlern und ihren Lebenspartnern. Der Essay endet mit dem Jahr 1914, zeigt aber knapp den Fortgang der Viten der Künstler des Blauen Reiters auf, die der Erste Weltkrieg in alle Winde zerstreute; zwei von ihnen fielen bekanntlich.
Der nächste Aufsatz untersucht die Ideenwelt Kandinskys und Marcs, jener treibenden Kräfte im Blauen Reiter, an deren Drang, die etablierte Kunst zu reformieren, die Neue Künstlervereinigung München schließlich zerbrach.
Die Rezeption und Bedeutung der Kunst des Blauen Reiters sind Thema des dritten Essays, der sich auch mit den Gründen für die große Beliebtheit des Blauen Reiters in heutiger Zeit befasst.
Naturgemäß bildet der eigentliche Katalog den Hauptteil des Buches. Zunächst werden Abbildungen der ausgestellten Kunstwerke – Gemälde und Skulpturen - präsentiert, geordnet nach den Künstlern und mit Name des Künstlers, Titel und Entstehungsjahr versehen. Weitere Angaben findet man in der Auflistung der Exponate am Ende des Buchs.
Auf die Kunstwerke folgen zahlreiche Fotografien, zumeist von Kandinsky oder seiner langjährigen Lebensgefährtin Gabriele Münter aufgenommen, die diese beiden und Personen aus ihrem künstlerischen Umfeld zeigen. Eine umfangreiche Auswahlbibliographie schließt das Buch ab.
Zum Blauen Reiter sind bereits etliche Bücher publiziert worden. Ein Ausstellungskatalog wird natürlich immer etwas anderes konzipiert sein als eine klassische Monographie, doch möchte der Käufer heute im Allgemeinen auch in einem Katalog möglichst viele interessante Hintergrundinformationen erhalten.
Die Essays im hier besprochenen Buch vermitteln einen umfassenden und sehr differenzierten Einblick in die Geschichte, die Ideenwelt – wiewohl sehr heterogen – und die Persönlichkeiten des Blauen Reiters; ein Schwerpunkt liegt auf den Beziehungen der Mitglieder und Freunde untereinander, zu Mäzenen und zu Orten wie etwa Murnau und München. Auch weniger bekannte Künstler aus dem Umfeld des Blauen Reiters finden Erwähnung. Die Ausführungen sind übersichtlich und sachlich gehalten, dabei jedoch angenehm zu lesen, was nicht zuletzt an den vielen integrierten Originalquellen liegt, insbesondere Briefen, die einen ganz unmittelbaren Eindruck vom Denken und Fühlen der Künstler und ihrer Angehörigen und Freunde geben. Auszüge aus den vernichtenden Kritiken der ersten Blauer-Reiter-Ausstellungen zeigen auf, wie wenig Verständnis der Blaue Reiter zunächst bei einem Großteil des Publikums fand.
Der Abbildungsteil ist von der hohen Qualität, die man vom Verlag kennt. Wie erwähnt, wurden die Gemälde, Entwürfe und Skulpturen nach den Künstlern geordnet; den Werken jedes Künstlers geht eine Kurzvita voran. Die Abbildungen sind ganzseitig und in einer Technik gedruckt, die die Farben und Details wie den Pinselduktus ausgesprochen originalgetreu wiedergibt und dabei unerwünschte Reflexionen vermeidet. Auch die Fotografien sind hochwertig abgedruckt. Sie machen dieses Buch insofern zu etwas Besonderem, als diese Bilder, Momentaufnahmen aus Alltag und besonderen Situationen, einen sehr persönlichen Blick insbesondere auf Kandinsky und Münter, die sich oft gegenseitig fotografiert haben, ihr privates Umfeld, die von ihnen bereiten Orte und ihre Kollegen und Freunde zulassen.
Das Verzeichnis der Exponate enthält die klassischen Informationen: Name des Künstlers und des Werks, Entstehungsjahr, Technik beziehungsweise Material und Maße.
Dieses Buch stellt natürlich einerseits eine hervorragende Ergänzung, Vor- und Nachbereitung zum Ausstellungsbesuch dar. Andererseits bietet es auch jenen Kunstfreunden, die die Ausstellung nicht ansehen können oder wollen, eine exzellente Möglichkeit, alles Wissenswerte über den Blauen Reiter und seine Mitglieder auf anschauliche Weise zu erfahren, diese anhand der Foto-Auswahl gewissermaßen „privat“ kennen zu lernen und sich an etlichen wertvollen Werken der Gruppe zu erfreuen.