Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Schon bei seiner Geburt wirft Benjamin Button alle Konventionen über den Haufen, kommt er doch als alter, misslauniger Mann mit langem grauem Bart zur Welt. Und nun durchläuft er das Leben gewissermaßen rückwärts, denn während seine Jahrgangsgenossen sich von Babys zu Klein- und Schulkindern und schließlich Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickeln, werden die Runzeln in Benjamin Buttons Gesicht stetig weniger; er benötigt allmählich keinen Stock mehr, geht zunehmend aufrecht und wird auch geistig immer beweglicher. Als Achtzehnjähriger mit dem Aussehen eines über Fünfzigjährigen beginnt er ein Universitätsstudium, wird aber als vermeintlich Geistesgestörter davongejagt. Zwei Jahre später verliebt sich ein wunderschönes junges Mädchen in ihn, das sich geschworen hat, einen Fünfzigjährigen zu heiraten, der schließlich viel interessanter sei als die Zwanzig- oder Dreißigjährigen.
Der von der Gesellschaft als grotesk wahrgenommene Altersunterschied kehrt sich jedoch im Lauf der Jahre um, und der immer jünger und agiler aussehende und auftretende Benjamin Button sieht sich an der Seite einer alternden Frau. Auch damit ist sein außergewöhnlicher Weg allerdings noch nicht abgeschlossen.
F. Scott Fitzgerald hat mit "Der seltsame Fall des Benjamin Button" eine phantastische Geschichte geschaffen, die ihresgleichen sucht. Schon die Idee, in einer ganz normalen Fabrikantenfamilie aus Baltimore ein Kind zur Welt kommen zu lassen, das eigentlich ein Greis ist, hat sehr viel Reiz, und Fitzgerald wusste diese Idee meisterlich auszuarbeiten.
Vor allem gelingt es dem Autor, die Reaktionen und Emotionen des unmittelbaren Umfeldes sehr glaubwürdig zu schildern, insbesondere jene des Vaters, der sich von einem mäkelnden Greis eben mit "Vater" anreden lassen muss und um jeden Preis versucht, seinen Sohn wie ein Kind seines tatsächlichen und nicht seines biologischen Alters zu behandeln.
Hieraus und aus dem Unwissen von Benjamin Buttons Umgebung resultieren immer wieder originelle, aber auch tragische Situationen, die der Autor mit der ihm eigenen charmanten, oft satirisch geprägten Fabulierlust darstellt. Obwohl die Geschichte natürlich eindeutig irreal ist, lässt sich der Leser beziehungsweise Hörer davon gefangen nehmen und erliegt der Versuchung, die einzelnen Szenen in Gedanken weiter auszuspinnen.
Während diese Geschichte bei den meisten anderen Autoren aufgrund des Themas wohl zu einer Posse geraten wäre, vermittelt Fitzgeralds kleines Kunstwerk eine Atmosphäre latenter Melancholie, die auch durch die zahlreichen humoristischen Einlagen nicht abgemildert wird. Einerseits handelt es sich bei der Erzählung über Benjamin Button um gute Unterhaltung, andererseits fordert die Geschichte jedoch zum Nachdenken über den Verlauf des Lebens auf, das zwar einen Anfang und ein Ende aufweist und eine bestimmte Richtung, die aber nicht die einzig logisch begründete sein muss. Und auch die Gesellschaftskritik kommt nicht zu kurz.
Gert Heidenreich liest die Geschichte abwechslungsreich und packend, sodass Fitzgeralds Werk in der vorliegenden Hörbuchversion authentisch vermittelt wird. Angeboten wird die CD in einer robusten Kunststoffhalterung mit Kartonhülle in der bei Diogenes üblichen schlichten, sehr attraktiven Aufmachung.
Eine außergewöhnliche Geschichte, die auch als Hörbuch überzeugt.