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Gunther von Hangens Ausstellung "Körperwelten" dürfte fast jedem ein Begriff sein. Wie auch der Heidelberger Plastinator selbst, polarisiert diese Ausstellung. Gezeigt werden mit einem aufwendig Prozess plastinierte Leichen, welche die Haut abgezogen wurde und somit der Blick auf das Innere des Menschen frei wird. In unterschiedlichen, teils dem Alltag entnommenen Posen werden die Plastinate dem staunenden Publikum präsentiert. Sie wirken fast nicht echt, diese Ausstellungstücke, wirken wie aus Kunststoff nachgebildet. Doch es handelt sich um echte Menschen, verstorbene Menschen.
Mit seinen Ausstellungen will Gunther von Hagens Aufklärung betreiben, die Anatomie des Menschen auch Laien näher bringen, die Anatomie als Wissenschaft aus den Kellern der Universitäten herausbringen und ihren unheimlichen Ruf beseitigen.
Doch woher kommen alle diese Exponate? Sind das wirklich alles freiwillige Körperspender, welche jetzt von den Lebenden angeschaut werden? Sind sie wirklich alle anonym, so wie es Gunther von Hagens immer sagt?
Die beiden Autoren beginnen mit ihren Recherchen in Deutschland, in der Heidelberger Universität. Hier war Gunther von Hagens als Anatomieassistent tätig, bevor er sich mit seinem "Institut für Plastination" selbstständig machte.
Die Nachforschungen der beiden Autoren führt sie nach Kirgisien, China und Russland. Viele Tote und spätere Exponate scheinen aus dubiosen Quellen zu stammen, aus Krankenhäusern, Siechenheimen und Gefängnissen.
Es werden Gespräche mit ehemaligen Mitarbeitern des "Instituts für Plastination" geführt, mit führenden Mitarbeitern von Universitäten und Mitgliedern des kirgisischen Parlaments. Doch so einfach nach verfolgen lässt sich die Sache doch nicht, da es wenige Aufzeichnungen gibt, welche zum Teil auch sehr widersprüchlich sind. Es ist noch genau geklärt, wie viele Körper und Körperteileletztendlich in die von Hagens in Russland, China und Kirgisien gegründeten Zweigstellen seinen Institutes, verbracht wurden und welche letztendlich ihren Weg in die Ausstellung zurück fanden.
Doch eines wird sehr deutlich klar: Es geht um eine Menge Geld und Einfluß, um Versagen der Politik und Korruption.
Die beiden Autoren berichten spannend, aber gleichzeitig neutral über die Geschehnisse in Zusammenhang mit dem Plastinator, greifen ihnen nicht an, lassen dem Leser Spielraum, sich selbst ein Bild von den Ereignissen zu machen und selber ein Urteil zu fällen.
Konsequenterweise werden nicht nur über die Vorgänge rund um das "Institut für Plastination" und dessen Zweigstellen geschildert, sondern auch über das Versagen von Kontrollinstanzen, unklaren Gesetzeslagen und wissenschaftlicher Forscherdrang. Man hat versucht gegen Gunther von Hagens aufgrund der vorliegenden Fakten und Indizien in Deutschland einen Prozess anzustreben, doch das scheiterte beispielsweise daran, dass nicht genau geklärt ist, ab wann ein toter Körper als Forschungsobjekt gilt oder nicht. Es wird in den Berichten auch in die Vergangenheit zurückgeblickt, in der es zu Fehlern kam, die noch heute präsent sind. So hat Deutschland zum Beispiel ein bundesweit geltendes Transplantationsgesetz, doch juristisch fundierte Vorschriften über Sektionsrecht sind eher die Ausnahme. So ist immer noch nicht geklärt, was mit so genannten "herrenlosen Leichen" zu geschehen hat.
Natürlich lernt der Leser im Laufe dieses Buches auch den Menschen Gunther von Hagens etwas genauer kennen. Seine Einstellung zu dieser Thematik, seine Vorgehensweise bei auftretenden Problemen und seinen Umgang mit Mitarbeitern und anderen Menschen.
Das alles macht dieses Buch lesenwert. Es klärt auf ohne Personen anzugreifen, es polarisiert nicht. Verwirrende Fakten und Indizien werden so aufbereitet, dass man ihnen leicht folgen kann. Es wird nichts schöngeredet und der Eindruck einer subjektiven Schreibweise der Autoren entsteht nicht.
Einige interessante schwarz-weiß Fotos sowie ein chronologischer, kurzer Überblick im Anhang runden das Buch ab.
Fazit:
Sehr kurzweiliges, interessantes an manchen Stellen vielleicht auch schockierendes Buch. Es ist leicht verständlich geschrieben und klärt, zwar nicht restlos, auf.