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Schnell geht anders: Mehr als zehn Jahre nach seinem vielbeachteten, hochgelobten und schließlich von Sam Raimi ("Spiderman") verfilmten Romandebüt "Ein ganz einfacher Plan" legt der US-Autor Scott Smith mit "Dickicht" nun sein zweites Werk vor. Zugegeben, gut Ding will Weile haben - doch ist Smith Roman auch wirklich das Warten wert gewesen?
Statt in die scheinbare Idylle einer amerikanischen Vorstadt entführt Smith den Leser diesmal ins sonnige Mexico, genauer gesagt nach Cancún an der Halbküste Yucatán. Wie so viele andere junge Erwachsene auch haben sich die vier Studenten Jeff, Amy, Eric und Stacy für dieses Urlaubsziel entschieden. Doch interessiert sich das Quartett weder für die malerischen Fischerdörfer noch die Maya-Ruinen. Sun and Fun lautet das Motto. Heiße Tage, wilde Nächte - und natürlich alles möglichst alkoholgeschwängert. Ein letztes Mal auf die Pauke hauen, ehe man ins stressige Leben des Studiums eintaucht.
Dabei lernt das Quartett den Deutschen Matthias kennen; ein sympathischer, allerdings auch recht verschlossen wirkender junger Mann. Doch kommt seine Distanziertheit nicht von ungefähr, erwartet Matthias doch die Rückkehr seines Bruders, nachdem sich dieser seiner angeblichen Liebe des Lebens und einer Archäologengruppe angeschlossen hatte. Aus Verzweiflung beschließt Matthias letztendlich, seinem Bruder zu folgen. Getrieben von der Aussicht auf Abwechslung und ein mögliches Abenteuer schließen sich ihm seine neuen Freunde an; komplettiert durch einen Griechen, der zwar kein Wort Englisch beherrscht, der Gruppe jedoch partout nicht von der Seite weichen möchte.
Als Matthias und die anderen die Ausgrabungsstätte erreichen, finden sie das Lager verlassen vor. Ohne Hinweise, ohne Spuren. Was ist nur geschehen? Wurden Matthias Bruder und die Archäologen etwa ermordet? Oder ist die Truppe einfach weitergezogen? Und was hat es mit den seltsamen Pflanzen auf sich, die praktisch überall zu finden sind? Dabei liegt die Lösung des Ganzen bereits vor ihnen - und ist ebenso unglaublich wie mörderisch
Langweilig, wird sich der geneigte Leser beim Lesen der ersten hundert Seiten denken - und liegt nicht falsch. Belanglos plätschert die Geschichte vor sich hin. Alkoholgelage, Gedankenspiele, Knutschereien
das kennt man zur Genüge. Doch spätestens, nachdem die Gruppe ihr Ziel erreicht hat, fängt Smith an, die Regler für Tempo und Dramatik aufzudrehen - wenn auch nur sehr gemäßigt. Doch obwohl man im Grunde längst weiß, wie der Roman ausgehen wird und wer die (un-)heimlichen Hauptdarsteller sind, gelingt Smith das Kunststück, den Roman schließlich mit einer Intensität und Drastik zu erfüllen, die dafür Sorge tragen, dass man weiterlesen möchte. Da verzeiht man auch gerne die gelegentlich vorkommenden Längen. Ein paar Seiten weniger hätten "Dickicht" in dieser Hinsicht sicherlich gut getan. Anspruchsvolle Literatur ist Smith zweites Werk zwar sicherlich nicht geworden, aber zweifellos grundsolide, handwerklich einwandfreie Unterhaltung. Gute Arbeit also, die man auch der Übersetzerin Christine Strüh attestieren muss. Ob es nach Beendigung des Buches allerdings genügend Leser gibt, die bereit sind, weitere zehn Jahre auf einen dritten Roman zu warten, darf bezweifelt werden.