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Wenn es einen Ort gibt, der die ganze Tragweite der Berliner Mauer verkörpert, dann ist es die Bernauer Straße. Denn dort verlief die Mauerfront direkt an der Fassade der dort liegenden Häuser. Die besondere Situation führte dazu, dass hier bis in den Oktober 1961 mehr als 300 erfolgreiche Fluchtversuche gezählt wurden. Und auch als die Sperranlagen immer weiter perfektioniert wurden, fanden just an jener Straße Tunnelgrabungen statt, die für spektakuläre Fluchtversuche genutzt wurden.
So ist es kein Zufall, dass das Areal rund um die Bernauer Straße nach dem Fall der Mauer zu einer Gedenkstätte avancierte, welche nicht nur ein Dokumentations- und Besucherzentrum beherbergt, sondern auch einen eindrucksvollen Eindruck dieser Grenzbefestigung inmitten einer Millionenstadt vermittelt. Ergänzend zum Freigelände, auf dem das Grenzareal realitätsgetreu präsentiert wird, findet sich seit November 2014 im Dokumentationszentrum auch eine neue Dauerausstellung, welche die historische Entwicklung von der Vorgeschichte bis hin zum Mauerfall und der Deutschen Einheit nachzeichnet.
Bis 1961 war die Bernauer Straße eine unauffällige und wenig bekannte Wohnstraße (...) Erst durch den Mauerbau erlangte sie weltweit traurige Berühmtheit.
Erstmals stellt dieser Band nun die beiden Dauerausstellungen der Gedenkstätte Berliner Mauer vor. Er bietet dabei äußerst vielfältige Informationen, die immer wieder auf die besonderen Gegebenheiten am Ort der Gedenkstätte, der Bernauer Straße, eingehen. Besonders im zweiten Teil des Bandes, welcher auf der Dauerausstellung im Dokumentationszentrum fußt, wird der Blick jedoch auch auf die politische Dimension ausgedehnt. So wird dort beispielsweise auch der Weg zur deutschen Einheit thematisiert. Besonders durch die immer wieder auftauchenden biografischen Skizzen im zweiten Teil wird dem Leser jedoch stets vor Augen gehalten, dass es menschliche Individuen waren, die mit der Mauer leben mussten.
Bisweilen fragt sich der Leser des Bandes, wieso es eigentlich zwei thematisch sehr ähnliche Dauerausstellungen in der Bernauer Straße gibt. Oder warum im Zuge der Neueröffnung der zweiten Dauerausstellung im Dokumentationszentrum diese nicht besser aufeinander abgestimmt wurden, um Überschneidung zu vermeiden. Selbst wenn eine derartige Doppelung vor Ort eventuell sogar Sinn macht - wer das Freigelände besucht, wird nicht zwangsläufig auch das Dokumentationszentrum aufsuchen - hätte dies zumindest in dem vorliegenden Begleitband in Form einer Synthese berücksichtigt werden können, ja vielleicht sogar müssen. So erhält der Käufer nun einen Art Doppelband, dessen Inhalte nicht aufeinander abgestimmt sind, sondern nebeneinander herlaufen.
Die Berliner Mauer verschwand nach ihrem Fall fast ganz aus dem Stadtbild, doch als eine der größten politischen Ikonen der Menschheit ist sie gegenwärtiger denn je (...)
Die große Stärke des Bandes liegt sicherlich darin, dass dieser durch unzählige Abbildungen den (Aus-)Bau der Mauer sowie die Versuche ihrer Überwindung bildlich dokumentiert. Daneben finden sich aber auch zahlreiche Fotografien, die einen Einblick in die Gestalt der heutigen Gedenkstätte geben. Während die wenigen historischen Aufnahmen in Farbe so belassen wurden, haben die Macher des Bandes die Abbildungen zur jetzigen Gestalt des Areals durchweg in Schwarz-Weiß gehalten. Zum Teil finden sich in dem Band interessante Bildarrangements, beispielsweise eine Bildreihe mit den Hausfassaden in der Bernauer Straße, aus denen Fluchten stattfanden, zum Teil spricht aber auch das Bildmaterial einfach für sich, wie die eindrucksvollen Bilder mit winkenden Menschen auf einer Staffelei, die damit einen letzten Blick auf ihre Verwandten und Bekannten auf der gegenüberliegenden Seite der noch provisorisch errichteten Mauer zu erhaschen versuchten. Bisweilen haben die Abbildungen aber auch nur einen dokumentarischen Charakter und ähneln sich dadurch manchmal allzu sehr. So finden sich nahezu durchgehend Abbildungen vom Bereich des Grenzstreifens, die in einigen Fällen Dinge wie Sichtblenden oder die Ödnis des Todesstreifens in mehrfachen Ausführungen zeigen. Erst in den Fällen, in denen auch etwas ausführlichere Bildlegenden angefügt wurden, geben diese ähnlich gelagerten Abbildungen auch neue Erkenntnisse frei.
Ein Manko des Bandes ist weiterhin die optische Gestaltung, da die Schrift- und Hintergrundfarben der Auftaktseiten eines Kapitels eher an einen vergilbten Fotoband aus den 60'er oder 70'er Jahren denken lassen als an einen Ausstellungsband aus dem Jahre 2015. Vielleicht wollten die Herausgeber hier ja die Überholtheit des behandelten Gegenstandes, der Berliner Mauer, demonstrieren, modernen Sehgewohnheiten entspricht der Band auf diese Weise jedoch nicht.
FAZIT: Ein gut gemeinter Band, welcher die beiden Dauerausstellungen der Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße präsentiert. Leider ist sowohl die Konzeption als auch die Präsentation nicht überzeugend. Schade, denn die inhaltlichen Details sowie die zahlreichen Abbildungen bieten durchaus eine interessante Annäherung.
Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.