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 Die Chaos-Zellen

Biologie der Krebserkrankung


Cover
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Krebs gab es schon immer, das beweisen Spuren von Knochenkrebs an Dinosaurier- und Neandertalerskeletten, Tumoren in Mumien aus Südamerika und Ägypten sowie Texte altägyptischer Ärzte, die erstaunlicherweise sogar eine lokale Krebsursache, die Bilharziose, zu benennen wussten. Die Krebsrate wird in unserer Gesellschaft künftig eher zunehmen, weil wir immer älter werden und Krebs in alternden Organismen leichter entsteht, und weil wir Krebs regelrecht provozieren durch einseitige und falsche Ernährung, leichtfertige Sonnenbäder sowie durch den Konsum von Genussgiften, vor allem Tabakrauch und Alkohol. Anthropogene Umweltgifte spielen in Bezug auf Krebs demgegenüber eine untergeordnete Rolle.
Diese in "Die Chaos-Zellen" bereits eingangs erwähnten, belegten Tatsachen sind ein guter Grund dafür, sich mit dem Thema Krebs auch scheinbar ohne Anlass auseinanderzusetzen. Der Autor legt nach dem einleitenden Kapitel und einer statistischen Betrachtung über Krebserkrankungen zunächst dar, was Krebs für einen Organismus lebensbedrohlich macht - es kommt zu vielfältigen, oft massiven Beeinträchtigungen und Schädigungen, je nach Krankheitsstadium und -typ -, wie eine Krebserkrankung sich äußert und welche Formen von Krebs es gibt. Dann begibt er sich mit dem Leser auf die Ebene der Körperzellen; er erläutert deren Aufbau, ihre Funktion und die Mechanismen ihres Wachstums. Dieses zytologische Grundwissen bildet die Basis für die folgenden Kapitel, in denen es um die vielfältigen molekularen Grundlagen der Krebsentstehung (einschließlich der sie einleitenden oder begünstigenden Faktoren) und die Reaktionen gesunder Zellen geht. Die körpereigene Abwehr sowie die Mechanismen des Krebswachstums, der Nährstoffversorgung und örtlichen Ausbreitung und der Metastasenbildung sind weitere wesentliche Inhalte dieses Buchs. Abschließend bietet der Autor einen interessanten Exkurs zu den derzeitigen Methoden der Krebstherapie und ihren Anwendungsmöglichkeiten an, in den er aktuelle, viel versprechende Forschungsschwerpunkte einbezieht.
Selbstverständlich findet man am Ende ein Literaturverzeichnis, ein sorgsam erstelltes Glossar sowie ein Personen- und ein Sachregister.

Lassen Sie sich von dieser Zusammenfassung nicht abschrecken. Dr. Manfred Reitz, Biologe und Wissenschaftsjournalist, gelingt es, die hochkomplexen Zusammenhänge im Mit- und Gegeneinander gesunder und durch Krebs entarteter Zellen anschaulich und bestens verständlich, dabei jedoch mit erstaunlichem "Tiefgang" zu erklären. Aussagekräftige Grafiken machen Vorgänge auf molekularer Ebene optimal begreiflich. Vorkenntnisse benötigen Sie für die Lektüre nicht.
Manche Erläuterungen werden an unterschiedlichen Stellen im Buch mehrmals inhaltlich wiederholt. Das ist meiner Ansicht nach bei einem anspruchsvollen Sachbuch wie diesem kein Manko, im Gegenteil, denn so kann man bei Bedarf einzelne Aspekte nachschlagen, ohne viel zu blättern.
Ich glaube nicht, dass es auf dem Markt ein umfassenderes allgemein verständliches Werk zum Thema Krebs gibt, das auch noch mit einem komfortablen Umfang aufwarten kann. Hinzu kommt ein griffiger Stil, der, zusammen mit des Autors Fähigkeit zur Vermittlung der Faszination dieser rätselhaften Krankheit, das Buch zu einer packenden Lektüre macht.
Das mag zynisch klingen, aber die schier zahllosen "geschickten" Tricks der Krebszellen, sich um ihrer Ausbreitung willen des Stoffwechsels normaler Zellen zu bedienen, andererseits jedoch die natürlichen Immunreaktionen zu unterlaufen, muten tatsächlich verblüffend intelligent und bizarr an. Und auch die Verkettungen von für den Organismus unglücklichen, zufälligen Veränderungen der Erbsubstanz einer Zelle, die schließlich Krebs hervorrufen können, versetzen den fachfremden Leser in Erstaunen: Dass es bei diesem russischen Roulette mit Millionen leeren Patronen zu einem Treffer kommen kann, wird allein durch die gewaltige Zahl der Körperzellen und deren Notwendigkeit zu gelegentlichen Teilungen möglich.
Das Buch wendet sich offensichtlich weniger an Krebskranke selbst als an ein breites Publikum, das sich zunehmend mit dem Thema Krebs konfrontiert sieht. Um den durch die zuweilen sehr emotionale öffentliche Diskussion hervorgerufenen Ängsten zu begegnen, sollte man sich mit den Fakten auseinandersetzen, die zwar signalisieren, dass niemand vor Krebs gefeit ist, die jedoch auch Mut machen, denn durch eine angemessene Lebensweise und Ernährung können wir die Wahrscheinlichkeit deutlich verringern, an Krebs zu erkranken - und vor allem: Krebs ist heute längst kein automatisches Todesurteil mehr.
"Die Chaos-Zellen" gehört zu den raren Büchern, die wirklich eine Lücke auf dem Sachbuchmarkt füllen. Darum empfehle ich es sehr gern.

Regina Károlyi



Softcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 3777614335 | 220 Seiten | Sprache: Deutsch

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