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Drei Schwestern finden ein kleines Kind und entscheiden sich, es bei sich aufzunehmen. Doch mit der Zeit streiten sie sich darüber, wer es erziehen soll. Sie gehen zu einem Medizinmann, der aus dem Kind drei Kinder macht. Doch allen drei fehlt etwas. Die Schwestern erkennen ihren Fehler und die drei Jungen vereinen sich wieder zu einem, doch anscheinend fehlt ihm noch immer etwas. So begibt er sich auf die Suche nach seinem fehlenden Stück und umreist die Welt. Dabei trifft er auf viele Völker und ihre Geschichten ...
Isabel Greenbergs "Die Enzyklopädie der Frühen Erde" erzählt nicht nur eine Geschichte, sondern verbindet viele kleine Geschichten zu einer großen mythischen Handlung. Sie bedient sich dabei alter mythologischer Stoffe, alter Sagen oder biblischer Motive. Herausgekommen ist eine gleichermaßen kreative wie spannende Graphic Novel, die allerdings an mancher Stelle kitschig zu werden droht.
Interessant und spannend ist das Comicbuch aus mehreren Gründen. So hat sich die Autorin durch eine Unmenge alter Mythen gearbeitet und daraus viele kleine Geschichten gemacht, die jede für sich spannend ist. Aber die meisten Geschichten und Motive fügen sich auch in die Gesamtgeschichte ein und spinnen diese weiter. So ergibt sich ein dichtes Netz aus Erzählungen und Erlebnissen, welche innerhalb der Handlung des Comicbuches teilweise nur Mythen sind, teilweise aber auch Erlebnisse der Haupt- und Nebenfiguren.
Die Odyssee der Hauptfigur, die in einem Kanu die Welt von Nord nach Süd umrundet, wird vom Leser also nicht nur verschlungen wegen ihres eigenen Schicksals, sondern auch wegen der vielen Geschichten, die sie sammelt. Der Junge selbst wird so etwas wie die Enzyklopädie der frühen Erde, da er die Mythen und Legenden vieler Völker kennenlernt. So bietet diese Graphic Novel eigentlich auch für jeden Leser etwas, denn jede Geschichte ist anders - mal ist es eine listige Fabel, mal geht es um Krieg, mal um Liebe. Nur manchmal wird es etwas arg kitschig, wenn die Kraft der Liebe alle Hindernisse überwindet. Da fragt sich ein kulturgeschichtlich gebildeter Leser auch, warum zwischen allen diesen alten Mythen und Sagen das moderne Motiv der Liebe einen so hohen Stellenwert in der Geschichte einnimmt. Dieses Motiv gehört sicher nicht zum Kanon der "frühen Erde".
Zeichnerisch ist diese Graphic Novel sehr gelungen. Die Formen sind einfach und unspektakulär gehalten, aber durchaus mit Liebe zum Detail. Farben werden sehr spärlich verwendet, aber wenn, wirken sie dafür umso mehr. So sind oft seitenlang fast nur Schwarz-Weiß-Zeichnungen zu sehen, doch dann ist auf einmal ein bestimmtes Objekt rot oder erscheint in gelben oder blauen Schein. Das unterstützt die Spannungsbögen und Dramatik der Geschichten auf einfache, aber effektvolle Art und Weise.
"Die Enzyklopädie der Frühen Erde" ist insgesamt ein tolles Werk. Kreativ und unterhaltsam spinnt es aus den Stoffen alter Sagen und Mythen eine dichte Erzählung, die es nur stellenweise mit der Betonung des Liebesmotivs übertreibt. Zeichnerisch ist die Graphic Novel ebenfalls beeindruckend. Jeder Fan anspruchsvoller Comicbücher dürfte Freude an diesem Werk haben.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.