Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Es ist ein großer Unterschied, ob das, womit man seinen Lebensunterhalt verdient, der Beruf ist oder aber eine Berufung. Bei Doktor Alan Bulmer stellt sich diese Frage nicht: Er ist Arzt aus voller Leidenschaft und stets bemüht, nicht nur die Krankheit seiner Patienten zu heilen, sondern den Menschen als Ganzes zu behandeln. Nicht Geld ist sein Ansporn, sondern die Freude daran, jemandem zu helfen.
Doch sein Leben soll sich von einem Tag auf den anderen ändern, ohne dass er es verhindern könnte. Bei einer Visite im Krankenhaus, in dem er neben seiner Praxistätigkeit arbeitet, packt ihn ein schwerkranker, stinkender Obdachloser. Er wolle ihm etwas geben, und wie ein elektrischer Schlag schießt plötzlich ein Schmerz durch Alans Arm. Er wird beinahe ohnmächtig von der Wucht dieses Gefühls, und als er wieder zu sich kommt, ist der fremde Mann bereits tot.
Abgesehen von dem seltsamen Schmerz fühlt sich Alan jedoch nicht schlecht, und so vergisst er diese Begebenheit rasch wieder. Wie überrascht ist er aber, als er merkt, dass dieser elektrische Schlag sich wiederholt - nämlich als er einen Patienten behandelt. Und noch viel seltsamer: Dieser ist danach geheilt, als sei er nie krank gewesen! Alan ist völlig außer sich, als er erkennt, dass er offenbar die Gabe erhalten hat, Menschen durch Handauflegen zu heilen.
Doch dieses Wunder, mit dem Alan so vielen Kranken und Verletzten helfen will, hat auch seine Schattenseiten. Denn wer dem Tode geweiht ist, kann verzweifelt genug sein, Alan zu jagen, um seine Heilung zu bekommen
Durch den Antihelden Handyman Jack wurde der amerikanische Autor Francis Paul Wilson hierzulande bekannt. Doch der studierte Mediziner schrieb daneben noch weitere Romane und Thriller; zu diesen zählt "Die Gabe", der zum ersten Mal 1989 in Deutschland veröffentlicht wurde. "The Touch", wie der fantastische Thriller im Original heißt, wurde nun vom Festa Verlag erneut verlegt.
Dass der Roman ursprünglich aus dem Jahr 1986 stammt, merkt man weder dem flüssigen, guten Stil noch dem Inhalt und den medizinischen Elementen an. Spannend und kurzweilig trotz einem eher ruhigen Handlungsverlauf entwickelt sich "Die Gabe" schnell zum Pageturner, der verschiedene Genres miteinander verbindet. Thrillereigenschaften, fantastische Elemente und eine kleine Portion Drama vermengen sich zu einer ansprechenden Melange.
Seine große Stärke bezieht der Roman jedoch aus der Ausarbeitung der Charaktere. Dr. Alan Bulmer als Protagonist wächst einem schnell ans Herz, wirkt authentisch und glaubwürdig, was nicht zuletzt an Wilsons Talent liegt, medizinische Sachverhalte kenntnisreich und gut verständlich zu erklären. Aber auch die übrigen Charaktere, etwa Sylvia, die Mutter eines kleinen Patienten, oder der arrogante Arzt Dr. Charles Axford, sind überzeugend und tiefgründig dargestellt.
Mit "Die Gabe" legt Wilson einen spannenden Thriller vor, der sowohl fantastische als auch Dramenelemente in sich trägt. Da braucht es keinen Handyman Jack, um gut unterhalten zu werden.