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Die Germanen – alleine der Begriff hat schon viele Bedeutungswechsel erlebt, wurde und wird nationalistisch missbraucht. Gerade deshalb ist es schwierig, aber auch notwendig, sich möglichst objektiv-neutral diesem Thema zu nähern. Zu viele Mythen und Legenden sind (gerade der breiteren Öffentlichkeit) bekannt und zu wenig wirklich wissenschaftlich fundiertes Material. Bruno Bleckmann hat sich mit diesem Buch das große Ziel gesetzt, ein aktuelles Standardwerk zu den Germanen zu schaffen.
In der Einleitung zu seinem Buch geht der Autor zunächst ausführlich auf die eingangs erwähnten Probleme bei der Begriffsbestimmung ein. Danach spannt er über die sechs Kapitel den chronologischen Bogen von den Ersterwähnungen germanischer Stämme in den antiken Quellen bis zur Zeit der Wikinger. Nach einer kurzen Schilderung der Anfänge widmen sich die weiteren Kapitel im starken Maße dem Mit- und Gegeneinander von Germanen und Römischem Reich. Hier legt der Autor einen Schwerpunkt auf die Beziehungen zur Kaiserzeit und dann insbesondere auf deren Reichskrise. Im letzten Kapitel werden dann noch kurz die germanischen Reichsbildungen nach Ende des Weströmischen Reiches betrachtet. Ein ausführlicher Anhang mit Zeittafel, Bildnachweis und weiterführender Literatur sowie ein umfangreiches, alphabetisches Register schließen das Buch ab.
Der Autor nähert sich dem Thema Germanen über die Sicht des Althistorikers. Somit erwähnt er zwar häufig Ergebnisse von Ausgrabungen; analysiert die Geschichte der Germanen aber hauptsächlich mittels schriftlicher Quellen. Somit liegt es in der Natur der Sache, dass es eine Germanengeschichte aus Sicht antiker (vor allem römischer) Autoren wird. Über weite Teile des Buches wird daher die Geschichte eines Teils des Römischen Reiches erzählt. Glücklicherweise überlässt der Autor dem Leser die Nachforschungen in den genannten Quellen und beschränkt sich auf knappe Zitate in deutscher Übersetzung. Der Verzicht auf lateinische Originale sparen Platz und vielen Lesern eigene Übersetzungen. Dabei ist er stets bemüht die Worte der antiken Autoren mit deren Erfahrungswelt zu bewerten und zu kommentieren. Letztendlich muss der Leser entscheiden, wie er die subjektiven Äußerungen der antiken Autoren bewertet. Erschwerend für die Lektüre ist, dass Bleckmann öfter eine stark theoretisierende Floskelsprache benutzt. Auch wenn der Autor Anekdoten (meist sogar aus der Feder antiker Autoren) einflechtet, lockert das den sehr wissenschaftlich-trockenen Schreibstil leider nicht sehr auf.
Als Coverbild findet man die sicher Vielen bekannte Adlerfibel der Ostgoten, welche auch bei den Kapitelüberschriften wieder zu finden ist. Warum diese eher unpassende Abbildung als Symbol der Germanen ausgesucht wurde, bleibt schleierhaft. Auch die vierzig Abbildungen sind manchmal etwas zusammenhang- und lieblos in den Text eingefügt. Nicht immer kann man nachvollziehen, warum der Autor diese Abbildung zur Illustration seiner Ausführungen benutzt hat und was er damit besser erläutern oder unterstreichen möchte. Die 28 Karten finden sich ebenso im Fließtext und sind in den letzten Kapiteln des Buches in größerer Anzahl vorhanden. Sie erleichtern es dem Leser, den Überblick zu behalten. Gerade in den ersten Kapiteln sind die Karten aber eher spärlich. Sicher liegt dies auch daran, dass eine Verortung der ältesten historischen Ereignisse naturgemäß schwieriger ist, als bei den jüngeren Ereignissen (zum Beispiel der Völkerwanderungszeit).
Das Buch hat ein Problem, welches aber gleichzeitig sein größter Vorteil ist. Es gibt einen Gesamtüberblick über die Germanen. Wer nur an bestimmten Teilbereichen interessiert ist (zum Beispiel die Varusschlacht oder die Zeit der Völkerwanderung), dem sind die Informationen zu oberflächlich. Allerdings eignet es dadurch gerade hervorragend als Nachschlagewerk und erster, umfassender Einstieg in das Thema Germanen. Man sollte dieses Buch nicht wie einen Roman von Anfang bis Ende lesen. Zwar lässt der Autor die Geschichte der Germanen chronologisch ablaufen und man kann dieser Linie jederzeit problemlos folgen. Doch wird man unweigerlich von der Vielzahl germanischer Stammesnamen und Herrscherabfolgen überwältigt sein. Denn auf Grund der geringen Anzahl Seiten, die zur Verfügung stehen, kommt es dazu, dass dem Autor oft nur die Aneinanderreihung von Daten und Namen mit knapper Erläuterung gelingt.
Fazit: Eine leider nicht spannend geschilderte Geschichte der Germanen, dafür aber hoch informativ. Seinem Anspruch als Standardwerk, das in die Grundlagen dieses Themas einführen will, wird es gerecht. Als aktuelles Nachschlagewerk sollte es in keiner Bibliothek fehlen.