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Dantes "Göttliche Komödie" gehört zu den berühmtesten Werken des Mittelalters und hat sich einen festen Platz in der Weltliteratur erobert.
Der Autor als Ich-Erzähler lernt in diesem Werk im Rahmen einer Vision das gesamte Spektrum des Jenseits kennen, wie man es sich im Mittelalter vorstellte. Der römische Dichter Vergil, gesandt von einer Dame, die sich als Dantes verstorbene Geliebte Beatrice entpuppt, führt Dante zunächst in die Hölle, die aus neun Kreisen besteht und für hartgesottene Sünder scheußliche Strafen bereithält, unter anderem das Untertauchen in heißem Pech.
An die Hölle, das klassische Inferno, schließt sich das den praktizierenden Katholiken auch heute noch vertraute Fegefeuer an, vorläufige Heimat jener Seelen, die eine Chance haben, durch Bußübungen innerhalb von sieben Bezirken letztlich Vergebung zu erlangen.
Am Übergang vom Fegefeuer zum Himmel muss sich Dante von Vergil verabschieden. Dieser, als vorchristlicher Römer noch Heide und somit von der Erlösung ausgeschlossen, doch aufgrund seiner dem Christentum nicht fern stehenden Gedanken mit einem Sonderstatus bedacht, darf nicht ins Paradies vordringen.
Hier nun gesellt sich die rätselhafte Gestalt Matelda als Führerin zu Dante, bis Beatrice selbst in Erscheinung tritt. Durch zwei Flussüberquerungen, die an die rituelle Taufe erinnern, wird Dante gereinigt und kann die neun Sphären des Paradieses in Augenschein nehmen. Doch auch hier mangelt es nicht an Versuchungen - denen die tugendhafte Beatrice allerdings resolut einen Riegel vorlegt. Als letzter Führer dient Dante schließlich der Ordensgründer Bernhard von Clairvaux, der ihn kurz die göttliche Dreifaltigkeit schauen lässt.
In Dantes Werk findet man die Philosophie vieler Jahrhunderte auf originelle und ausgefallene Art vereinigt. Zugleich bietet Dantes Vermächtnis einen umfassenden Einblick in die religiösen Auffassungen seiner Zeit, die heutzutage dem Laien recht befremdlich anmuten mögen, und in politische Konstellationen. Die Konkurrenz der einzelnen italienischen Stadtstaaten wird sehr humorvoll aufs Korn genommen.
Viele Anspielungen und die komplexe Symbolik versteht man nur, wenn man sich in die Thematik eingearbeitet hat, insgesamt aber lohnt es sich, dieses Werk als gewaltige, für das Mittelalter durchaus repräsentative Vision des Jenseits zu lesen beziehungsweise als Hörbuch zu genießen.
"Lasst jede Hoffnung, wenn ihr eingetreten", heißt es am Tor zur Hölle, der meistzitierte Satz aus Dantes imposantem Werk. Die Plastizität seiner Schilderungen der Höllenqualen, sein unkomplizierter Umgang mit zahlreichen Figuren aus der Geschichte, und seien es Mohammed oder etliche Gestalten aus der griechisch-römischen Mythologie, geben der Göttlichen Komödie durchaus auch Unterhaltungswert.
Die vorliegende Hörbuchversion, eine Live-Lesung, wie sich schon beim Zuhören leicht, aber auf angenehme Weise erkennen lässt, besticht durch den höchst eindringlichen, lebendigen und stimmgewaltigen Vortrag von Rolf Boysen. Dessen Interpretation würde bei einem anderen Werk vielleicht manieriert wirken, zur Göttlichen Komödie passt sie perfekt und lässt auch über sechs Stunden keine Langeweile aufkommen: Der Sprecher findet sich hervorragend in die Materie ein und lässt den Hörer teilhaben an der Wanderung durch Hölle, Fegefeuer und Himmel, wie Dante sie wortgewaltig schildert. Auch die Übersetzung wirkt sehr gelungen, bringt sie doch Dantes farbige Darstellung und Wortwitz gleichermaßen zur Geltung.
Die Aufmachung ist schlicht mittels einem Kartonschuber. Je zwei CDs sind sicher in einer Kunststoffkassette untergebracht. Einige Informationen zu Sprecher, Autor und Werk findet man auf den Rückseiten der Kassetten, ein Booklet im eigentlichen Sinne gibt es nicht.
Diese Version von Dantes Göttlicher Komödie bietet jedermann die Gelegenheit, sich ohne Langeweile mit einem zentralen Werk abendländischer Literatur auseinanderzusetzen. Angesichts des Umfangs ist der Preis durchaus akzeptabel.