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 Die Herzen der Männer


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
An manchen Tagen scheint es, als möge wirklich niemand Nelson leiden. Sogar an seinem Geburtstag wird er von allen im Stich gelassen, nur ein einziger Gast erscheint und dieser verschwindet nach ein paar Minuten. Selbst sein Vater kann mit Nelson nichts anfangen, ist dieser doch augenscheinlich das geborene Opfer. Dabei gibt der Junge sich Mühe, kennt jeden Pfadfindertrick, kommt gutmütig und hilfsbereit daher, aber eben auch weinerlich, bebrillt und unsicher. Da erscheint es fast wie ein Scherz, dass die Betreuer im Pfadfinderlager dem Jungen erklären, dass er zu Großem geboren sei, ein echter Pfadfinder und geborener Anführer. Einen einzigen Freund besitzt Nelson, den beliebten Jonathan. Doch auch auf diesen kann er nicht immer zählen.

Einen Jungen, wie Nickolas Butler ihn da erdacht hat, kennt wohl jeder. So gerne würde Nelson Freunde finden, nicht mal um Anführer zu sein, aber um endlich dazu zu gehören. Stattdessen wird er entweder verspottet oder ignoriert und das, obwohl er als Pfadfinder besser ist als jeder der anderen Jungen. Eigentlich will er einfach nur seinem Vater imponieren, doch dieser schämt sich für diesen peinlichen, schüchternen Jungen, dem die anderen wieder und wieder gemeine Streiche spielen.

Jonathan dagegen ist beliebt, locker und wird von den anderen anerkannt. Er kommt aus guter Familie und besitzt tadellose Manieren. Aus der Freundschaft zu Nelson vermag er durchaus seinen Nutzen zu ziehen und daher überdauert sie die Jahrzehnte. Die beiden, erst junge Pfadfinder, später dann Männer, bleiben in Kontakt, so unterschiedlich ihre Leben auch verlaufen.

„Die Herzen der Männer“ verfolgt das Leben dieser beiden so unterschiedlichen Figuren. Jonathans Leichtigkeit ist Nelson fremd und dessen ungewöhnlicher Ernst wird wiederum Jonathan so manches Mal nachdenklich machen. Durch den ruhigen Schreibstil des Autors entwickelt sich die Geschichte langsam und ohne dramatische Spitzen. Es scheint fast, als würde der Leser die beiden Freunde durch eine Glasscheibe betrachten, immer getrennt durch eine eigentümliche Distanz.

Erstaunlicherweise entwickelt die Geschichte dennoch einen Sog, der den Leser nicht loslässt. Dabei wird die Handlung in großen Zeitsprüngen erzählt, die dann wieder durch Rückblicke aufgefüllt werden. Ob der Teenager Nelson, der Vater Jonathan oder die beiden alten Männer, die immer noch miteinander befreundet sind, immer erscheinen sie dem Leser gerade noch so ein bisschen vertraut, so dass sie zu erkennen sind, und doch durch die Jahre ihres Lebens ein wenig fremd geworden, weshalb er sie neu kennen lernen muss.

Wie auch Butlers Erstlingswerk „Shotgun Lovesongs“ besitzt „Die Herzen der Männer“ eine Seele, die sich entfaltet und das Buch ungewöhnlich macht. Wer den melancholischen Schreibstil des Autors nicht mag, wird es schwer haben mit diesem Roman. Wer sich jedoch darauf einlässt, wird eine bemerkenswerte, eine lohnenswerte Geschichte entdecken, die er so schnell nicht vergessen wird.

Ein Blick ins Buch ist auf der Verlagsseite möglich.

Iris Jockschat



Hardcover | Erschienen: 11. Februar 2018 | ISBN: 9783608983135 | Originaltitel: The Hearts of Men | Preis: 22,00 Euro | 477 Seiten | Sprache: Deutsch

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