Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Miss Lemon hat drei Tippfehler gemacht. Das ist unglaublich - die perfekte Sekretärin von Hercule Poirot macht keine Fehler. Besorgt ob dieses unfassbaren Vorgangs fragt der berühmte belgische Detektiv sie, ob sie Sorgen hätte. Miss Lemon bejaht und schildert Poirot daraufhin, was sie bedrückt.
Ihre Schwester Miss Hubbard ist Leiterin eines Studentenwohnheims. Dort geschehen seit einiger Zeit seltsame Dinge. Es verschwinden scheinbar wertlose Dinge und persönliche Gegenstände werden zerschnitten und zerstört. Poirot zeigt sich interessiert und nach einem Gespräch mit Miss Hubbert schlägt er einen Besuch seinerseits vor.
Er verbindet einen Vortrag über Kriminalistik mit einigen Fragen an die Studenten und schließt mit der überraschenden Aussage, die Polizei sei unverzüglich hinzuzuziehen. Nur so könne den besorgniserregenden Vorkommnissen Einhalt beboten werden. Noch am selben Abend zeigt es sich, dass Poirot dies nicht ohne Berechnung gesagt hat. Er wollte eine Reaktion provozieren, die auch prompt geschieht. Erst erklärt einer der Studenten, Collin McNapp, die Taten wären erklärbar und nicht weiter schlimm, dann gesteht eine junge Frau, eine Angestellte des nahen Krankenhauses, die ebenfalls im Studentenwohnheim untergekommen ist, für die kleineren Diebstähle verantwortlich zu sein. Offensichtlich wollte sie die Aufmerksamkeit von Collin erregen, in den sie verliebt ist. Doch die zerstörerischen Aktionen weist sie weit von sich, sie hätte nur harmlose Gegenstände entwendet und käme für den entstandenen Schaden auf. Nachdem die anderen Studenten der jungen Celia verzeihen und Collin zur Überraschung aller am nächsten Abend die baldige Heirat mit ihr bekannt gibt, scheint wieder Frieden zu herrschen.
Doch am nächsten Morgen liegt Celia tot in ihrem Bett, ein abgerissener Zettel auf ihrem Schreibtisch scheint ihren Selbstmord zu belegen. Inspektor Sharp hat keine Zweifel an einem Selbstmord und will den Fall zu den Akten legen. Nur Miss Hubbard und Poirot sind anderer Meinung. Aus ihrer Sicht gab es keinen Grund für Celia sich umzubringen. Als sich herausstellt, dass Celia den Brief tags zuvor zu einem völlig andern Zweck geschrieben hat, ist klar, dass es sich um Mord handeln muss. Und die Studenten Collin McNapp, Neill Chapman, Valerie Hophouse, Patricia Lane, Gene Tomlinsen, Elisabeth Johnston, Lennart Bateson und Sally Finch kommen für Poirot als mögliche Mörder in Frage. Was aber noch viel schlimmer scheint, ist die Überzeugung Poirots, dass es nicht bei dieser Tat bleiben wird ...
Die 400 Minuten lange, ungekürzte Hörbuchfassung des Romans von Agatha Christie (und ihr 29. Roman mit Hercule Poirot als Detektiv) glänzt im ersten Drittel mit gepflegter Langeweile. Weder die Geschichte noch die Fülle an Personen sind interessant und mehr als einmal fragt sich der Hörer, ob irgendetwas in diesem Hörbuch passiert, was von Interesse für Hercule Poirot, seines Zeichens immerhin Meisterdetektiv, und den Zuhörer sein könnte.
Dann wird es spannender, ein Mord geschieht. Aber leider ergehen sich sämtliche Beteiligte und die unzähligen Verdächtigen weiterhin in endlosem Geschwätz. Verborgen darin sind zwar die Informationen, die die Überführung des Täters ermöglichen, aber dies derart unzusammenhängend und langweilig, dass kein Hörgenuss aufkommt. Die Geschichte plätschert dahin, mehr als ein Dutzend Studenten sind auseinander zu halten und einzuordnen. Hinzu kommt, dass die Atmosphäre eines Studentenwohnheims zu keiner Zeit getroffen wird. Man hat immer das Gefühl, als würden sich beliebige Personen an beliebigen Orten treffen, Konversation machen und sich möglichst durch unbedachte Äußerungen und seltsames Verhalten verdächtig machen. Dies alles nur, um den an sich einfachen Fall komplex erscheinen zu lassen und die Auflösung so lange wie irgend möglich zu verhindern. Keine einzige Person wird treffend charakterisiert, unzählige Klischees treffen aufeinander. Wenn zum siebten Mal der farbige Westafrikaner mit sonorer, tiefer Bassstimme sagt: "Isch nix verstehen!", könnte man laut aufstöhnen.
Auch Poirot erreicht zu keiner Zeit Normalform. Er diskutiert endlos mit den Studenten, philosophiert in Gedanken und lässt den Zuhörer lange zappeln, ehe er zur Auflösung schreitet.
Doch der Punkt, der den Hörgenuss am nachhaltigsten beeinträchtigt, ist die Sprecherleistung von Martin Maria Schwarz. Es ist schon nervig genug, dass er Poirot mit einem näselnden pseudo-französischen Akzent spricht, den man aus schlechten Filmen zur Genüge kennt. Nein, er versucht tatsächlich ein Ein-Mann-Hörspiel zu kreieren. Er gibt jeder einzelnen der über ein Dutzend häufig sprechenden Stimmen eine eigene Aussprache, einen eigenen Klang. Das könnte amüsant sein, ist aber ein Desaster. Die biedere Miss Lemon spricht wie ein Roboter, Akimbombo, der Farbige, redet wie ein schwachsinniger Wilder, der "gerade dem Busch entsprungen ist" - zumindest wie sich der klischeebehaftete Europäer sich diesen Buschmann vorstellt -, ältliche Studentinnen, die Poirot langweilig und fade findet, reden genau so: langsam, wie unter Drogen, fade, farblos, nicht akzentuiert - und das bei jedem einzelnen Satz! Sämtliche Charaktere sprechen immer genau so, wie sie ihrem Charakter nach beschrieben werden, der arrogante Student redet immer überlegen arrogant, blasiert und wie abgehoben - egal, was er zu sagen hat.
Schon nach kurzer Zeit und der fünfzehnten neu eingeführten Stimme, nervt diese Art des Vortrags gewaltig. Nicht mehr ein Hörbuch, mehr oder minder gut vorgetragen, erklingt, sondern eine aufgesetzte, weil streng schematisch angewandte Hörspiel-Farce ist zu hören. Der Ausdruck, die Akzentuierung der Geschehnisse, die stimmliche Vermittlung von Atmosphäre und wichtigen Einzelheiten, der Spannung erzeugende Einsatz von Pausen und Betonungen wird dieser Art der stimmlichen Charakterzeichnung untergeordnet. Und zwar so streng und stringent, dass die Personen wie Karikaturen wirken. Kein normaler Mensch spricht immer mit derselben Betonung, dem gleichen Ausdruck und der gleichen Blasiertheit, der gleichen abgehobenen Arroganz. Zahlreiche Charaktereigenschaften sind einfach nicht an der Stimme abzulesen und sollten in einem Hörbuch auch nicht so eingesetzt werden. Erstens oktruieren sie dem Hörer diese Art der Auffassung des Zusammenhangs von Charakter und Stimme auf, zweitens werden sie dem Buch nicht gerecht, das nicht als Theaterstück mit dezidierten Anweisungen den Einsatz der Stimmen betreffend geschrieben wurde, und drittens verstellen sie die Möglichkeit des Sprechers akzentuiert auf das Geschehen einzugehen nachhaltig.
Fazit: Dieses wenig spannende Buch wurde ungekürzt umgesetzt. Die Geschichte entwickelt sich zu einer leidlich interessanten Auseinandersetzung des Täters mit Poirot und vor allem das Finale ist gelungen. Leider ist die Leistung des Sprechers in meinen Augen ein Desaster und führt dazu, dass dieses Hörbuch langweiliger und uninteressanter wirkt, als es sein müsste. Das ist jedoch stark subjektiv. Wem die Art und Weise des stimmlichen Einsatzes von Martin Maria Schwarz zusagt (eine kurze Hörprobe sollte hier reichen), der kann sich zurücklehnen und 400 Minuten seinem Vortrag lauschen.