Der Immobilienmakler Frank Bascombe, 55 Jahre alt, hatte sich eigentlich einen ruhigen Herbst für sein Arbeits- und Familienleben gewünscht, hat er doch in den vergangenen Jahrzehnten beruflich viel erreicht, führt eine gute Ehe mit seiner zweiten Frau Sally und hat zwei Kinder auf den Weg ins Leben gebracht. Aber das neue Jahrtausend beginnt mit allerlei Umbrüchen. Während in Washington der an Wahlstimmen unterlegene George W. Bush unter obskuren Umständen die Präsidentschaft erringt, droht Franks Ehe durch einen unerwarteten Nebenbuhler (Sallys erstem Ehemann) zu scheitern, seine erwachsenen Kinder erweisen sich als keineswegs selbstständig, und bei Frank wird Prostatakrebs diagnostiziert, zum Glück im noch frühen Stadium. So wird dem Mittelstandsamerikaner, der sich seines Lebens so sicher glaubte, plötzlich eben dieses unter den Füßen weggezogen ... ein krisenhaftes Jahr beginnt.

"Die Lage des Landes" ist Richard Fords nun mehr drittes Werk über den ehemaligen Sportreporter Frank Bascombe. Was 1986 mit Fords weltweit gefeiertem, mehrfach ausgezeichneten Roman "Der Sportreporter" begann und 1996 mit "Unabhängigkeitstag" fortgesetzt wurde, erhält nun eine dritte und würdevolle Fortschreibung. Denn wieder gelingt es dem US-amerikanischen Autor, den Zeitgeist präzise durch die Augen seines Protagonisten einzufangen, seine Pläne, Sehnsüchte und Philosophien glaubhaft darzustellen. Franks Leben wird dabei zum prototypischen Schicksal eines "Durchschnittsamerikaners" im beginnenden 21. Jahrhundert; seine Beziehungen zu seiner Frau, seinen Kindern, seinen Kollegen und Nachbarn werden zum Spiegel der US-amerikanischen Gesellschaft.

Wieder überzeugt Richard Ford durch eine unglaubliche Beobachtungsgabe, die den Leser mitreißt. Ob nun die seltsamen Auswüchse der amerikanischen Immobilienwirtschaft (deren Krise man zur Zeit beobachten kann), die Rituale junger, verwirrter Menschen zwischen 20 und 30 oder die Alltagssorgen der älteren Generation - Fords Darstellung ist bis ins Detail stimmig. So begleitet man den in vieler Hinsicht bedauernswerten Frank Bascombe gerne durch die immerhin 682 Seiten starke Handlung, ohne sich eine Sekunde zu langweilen, und erfährt dabei tatsächlich einiges über die Lage des Landes und die der globalisierten Welt. Ein großer, amerikanischer Gegenwartsroman, dessen Lektüre man auch ohne Kenntnis der beiden Vorgänger genießen kann.