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Erik Steinbeck und seine Frau Winnie sind nach New York gezogen, nachdem ihre vierjährige Tochter Sara entführt wurde und die Ermittlungen offensichtlich nicht vorankamen. Der Wohnortwechsel war eigentlich Eriks Idee, und Winnie ging sehr gern darauf ein.
Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass die Ehe der beiden am Ende ist. Was mit einer großen Liebe begann, zerbricht am Verlust des geliebten Kindes. Winnie erlebt dieses Trauma allerdings bereits zum zweiten Mal, denn ihr erstes Kind starb bei einem Unfall – zumindest erzählt sie das Erik. Dieser muss jedoch bald erkennen, dass Winnie ihm in vielem nicht wahrheitsgemäß von ihrem Leben berichtet hat und viele Aspekte ihrer letzten Ehe im Dunkeln bleiben. Was dies mit Saras Verschwinden zu tun hat, ahnt er zunächst nicht. Er wird jedoch hellhörig, als Winnie in New York immer sicherer behauptet, Sara sei noch am Leben. Und als er Winnie mehrmals zufällig an unerwarteten Orten in der Stadt sichtet und den Eindruck erhält, sie habe Verabredungen, schaltet er einen Detektiv ein. Dieser findet heraus, dass Winnie offensichtlich in okkulte Machenschaften verwickelt ist.
Und dann verschwindet auch Winnie.
Hakan Nessers Roman "Die Perspektive des Gärtners" läuft eher ruhig an. Dieser Eindruck entsteht nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass der Ich-Erzähler Erik sehr sachlich und distanziert von der Vergangenheit, insbesondere von der Entführung seiner kleinen Tochter, berichtet.
Rückblenden machen den Leser, vielmehr Hörer, mit der Vergangenheit von Erik und seiner Frau Winnie vertraut, zumindest, soweit Erik diese Vergangenheit überhaupt bekannt ist. Die beiden haben sich über Eriks Roman "Die Perspektive des Gärtners", der als Roman im Roman eine Art Bindeglied im Geschehen darstellt, kennen und lieben gelernt. Sehr gekonnt schildert Nesser, wie diese Beziehung auf subtile Weise zerbricht und zu den Lügen der Vergangenheit, die Erik nach und nach aufdeckt, immer neue kommen.
Wirkliche Spannung im Sinne eines Thrillers kommt erst gegen Ende auf; über weite Strecken lebt der Roman von einer unterschwelligen mysteriösen Stimmung, zumal der Hörer lange Zeit nicht weiß, ob die Handlung nicht auf eine übersinnliche Lösung hinausläuft. Wer das nicht mag, dürfte sich mit dem Werk schwer tun und sollte von der Wertung mindestens einen Punkt abziehen. Hörer, die sich einer Mischung von Mystery und Thriller stellen – die Auflösung ist ganz und gar realistisch -, werden sich hingegen von der eigenartigen, düsteren Atmosphäre fesseln lassen bis zum dann doch, wie schon angeschnitten, mitreißenden Showdown. Nebenbei, gewissermaßen auf einer Parallelschiene, erschließt sich dem Hörer New York aus den Augen eines Zugewanderten; es bildet einen sehr lebendigen, plastischen Hintergrund für den Krimi.
Dietmar Bär liest das Buch in der von ihm gewohnten hohen Qualität. Er lässt sich ganz auf den Protagonisten ein, wodurch sich auch der Hörer in diesen einfühlen kann, und transportiert die Stimmungen sehr gekonnt. So ist die im Übrigen auch, wie bei Random House Audio üblich, sehr hochwertig aufgemachte Hörbuchversion sicher eine ausgezeichnete Alternative zur Printversion. Ein von subtiler Spannung lebender Thriller, den anzuhören sich lohnt.
Eine Hörprobe gibt es auf der Verlags-Website