Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Endlich! So lange war nichts mehr von Robin Hobb zu lesen, endlich gibt es etwas Neues, wenn das auch nicht in der gleichen Welt spielt, wie die Bücher um die Weitseher und ihren berühmten Sprössling Fitzchivalric und natürlich auch die Saga um die Zauberschiffe. Die neue Trilogie heißt "Nevare" und ist bei Klett-Cotta erschienen.
Nevare ist Spross einer alten Adelsfamilie, und er ist als Soldatensohn geboren, also zweiter Sohn, der traditionell die Karriere des Soldaten ergreifen muss. Sein Vater, Lord Burvelle des Ostens, ist ebenfalls zweiter Sohn gewesen, und gehört zum neuen Adel, zu Soldaten, die der König bei der Eroberung der Flachlande zu Adeligen gemacht hat, was für viele der Verwandten vom alten Adel eine Ungeheuerlichkeit ist.
Nevare wächst im Wohlstand auf, immer von einem alten Soldaten behütet und ausgebildet, lernt Gehorsam und Pflicht, kommt damit aber auch problemlos klar. Dann, nicht allzu lange, bevor er zur Akademie geht, heuert sein Vater einen alten Feind an, den Flachlandkrieger Dewara, der ihm die Schliche der Flachländer zeigen soll. Allerdings geht es weiter als Nevare sich das träumt, er wird in eine seltsame Zeremonie verstrickt, spricht mit einer Magierin der Fleck, eines feindlichen Stammes aus den Bergen, und er trifft eine folgenschwere Entscheidung ...
Als er zur Akademie kommt, wird sein Weltbild deutlich verändert. In der Akademie von Alt-Thares hat die Politik Einzug gehalten. Hier geht es um alten Adel gegen neuen Adel, denn letzterer hält, wie Nevare, bedingungslos zum König, während die Vertreter des alten Adels - alles eigentlich Verwandte des neuen Adels - ihr eigenes Süppchen zum Köcheln bringen wollen. Und das bekommen die Rekruten gleich von Anfang an ab. Schikanen sind an der Tagesordnung, und mit der Zeit kann das sogar regelrecht gefährlich werden ...
Da wirkt das Buch erst mal wie ein ziemlich konventioneller Ausbildungsroman, aber dann kommt ja noch - typisch Robin Hobb - eine ganz besondere und ziemlich mysteriöse Magie hinzu, und schon sind wir in den sehr fantastischen Welten der Frau, die ursprünglich als Megan Lindholm bekannt war. Dennoch bleibt dieser erste Nevare-Roman relativ lange ein bisschen träge, kommt erst nach gut 250 Seiten richtig in Fahrt - aber dann eben auch wirklich richtig. Auf der einen Seite geht es um Intrigen, um eine rigide Standesgesellschaft, um Politik, andererseits um einen magischen Angriff durch ein fremdes Volk, das sich eigentlich ja auch nur wehrt. Und dann natürlich auch noch um das Erwachsenwerden von Nevare, der so behütet aufgewachsen ist, dass man mit ihm die Welt entdeckt, speziell, als er aus der Provinz ins ganz andere Alt-Thares kommt. Neben Nevare gibt es noch einige weitere spannende Charaktere - seine impulsive und übersinnlich begabte Base Epiny, sein Freund Spink, der aus gänzlich verarmter Familie kommt, Kamerad Gord, der ziemlich voluminös und körperlich den Anstrengungen der Kadettenausbildung kaum gewachsen ist, dafür aber intellektuell jedem überlegen. Alle Charaktere sind hier und da widersprüchlich, haben sehr viel Tiefe.
Im Vergleich mit der Weitseher-Saga wirkt zumindest dieser erste Nevare-Roman regelrecht linear, im Vergleich zur üblichen Fantasy gibt es hier wiederum Wendungen und Überraschungen, die man wahrlich nicht erwarten kann. Da werden Klischees gebrochen, der Held darf Sachen richtig und falsch machen - Robin Hobb schreibt außergewöhnliche Fantasy, Fantasy, die man lesen muss.