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Das eigene Schicksal ist vorherbestimmt, seiner Bestimmung kann man sich nicht entziehen – das muss Teo (Diego Martín) auf schmerzhafte Weise am eigenen Leib erfahren: Der junge Fotograf verbringt die letzten Stunden vor seiner Abreise mit seiner Freundin Victoria (Goya Toledo) in einem Hotelzimmer, als wie aus heiterem Himmel zwei ihm unbekannte Männer durch die Balkontür ins Appartement stürzen und sich ohne Vorwarnung einen Schusswechsel liefern. Victoria wird tödlich getroffen und einer der beiden Unbekannten schreitet mit gezücktem Ritualdolch auf Teo zu, kann aber von seinem geheimnisvollen Kontrahenten zur Strecke gebracht werden, bevor dieser ebenfalls seinen Verletzungen erliegt. Von diesem Zeitpunkt an gerät Teos Leben total aus der Bahn: Die Polizei verdächtigt ihn und ein vermeintlich verrückter Geistlicher warnt ihn vor finsteren Mächten. Teo beginnt auf eigene Faust zu recherchieren und findet sich unvermittelt zwischen den Fronten zweier uralter Geheimbünde wieder: Die einen verfolgen und töten Menschen, die anderen versuchen ebendieses zu verhindern. Auf den ersten Blick verbindet die Opfer nichts, doch handelt es sich bei ihnen um die „36 Gerechten“, die ohne es zu wissen, mit ihrer bloßen Existenz die Welt vor dem Untergang bewahren. Fünfunddreißig „Gerechte“ haben ihre Bestimmung bereits mit dem Leben bezahlt, jetzt steht nur noch einer zwischen der Menschheit und der Apokalypse. Und Teo muss schnell erkennen, wer dieser letzte der „Gerechten“ ist …
Wenn Menschen von namenlosen Killern gejagt werden, ein Geheimbund der Bibel chiffrierte Botschaften entlocken will und Geistliche wie im Fieberwahn von der Apokalypse stammeln, dann ist nicht vom jüngsten Streich eines Dan Brown oder dem aktuellen Fantasy-Bestseller die Rede, sondern von dem mexikanischen Mysterythriller „El último justo“, zu Deutsch „Der letzte Gerechte“. Das klingt für den deutschsprachigen DVD-Markt natürlich nicht reißerisch genug, und so taufte man den Film kurzerhand in „Die Wächter der Apokalypse“ mit dem nicht minder knalligen Untertitel „Die dunkle Prophezeiung“ um. Der DVD-Anbieter hat es offensichtlich für notwendig erachtet, den Film derart reißerisch zu bewerben. Rund 100 Minuten Laufzeit später, weiß man auch weshalb.
Die größte Schwäche des Films ist die Tatsache, dass er einfach nichts Neues zu bieten hat: Verschwörungen, geheime Bruderschaften, Bibelcodes und ein uraltes Geheimnis, das zu lüften die Menschheit für immer verändern würde – Einfallsreichtum zählt nicht gerade zu den Stärken des Films. Vielmehr schöpft er aus dem geradezu überschäumenden Pool der Bibel- und Weltuntergangsthriller und konstruiert eine Story, die clever und raffiniert daherzukommen glaubt, in Wahrheit aber nur einen müden Aufguss altbekannter Motive und Handlungselemente darstellt; anstelle eines originellen Independentbeitrags zum ewigen Publikumsliebling Apokalypse liefert Regisseur Manuel Carballo, der gemeinsam mit Manu Díez auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, gewissermaßen einen Abriss über all das, womit Buchhandel und Filmmarkt in den vergangenen Jahren „beglückt“ worden sind. Jede zweite Szene wartet mit einem Déjà-vu auf, man wird das Gefühl nicht los, alles schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
Carballos Thriller hat mit dem Problem zu kämpfen, dass er sich einerseits von der millionenschweren Konkurrenz à la Hollywood abgrenzen und neue Wege gehen möchte, gleichzeitig aber möglichst den Allgemeingeschmack eines breiten Publikums treffen und somit im Kielwasser ebensolcher Produktionen mitfahren will. So finden sich, wenn man den Film seziert, unter den zahlreichen Fettschichten an aufgewärmten Motiven durchaus interessante Ansätze und Überlegungen, etwa im Zusammenhang mit den „36 Gerechten“: Um die Apokalypse heraufzubeschwören, müssen alle Auserwählten vernichtet werden. Was aber, wenn einer der „Gerechten“ einem Krebsgeschwür erliegt, seinen Hang zum Extremsport mit dem Leben bezahlt, im Konzentrationslager umkommt oder einfach nur unglücklich die Treppe hinunterstürzt? Öffnen Kriege, Epidemien und Unfälle in den eigenen vier Wänden dem Weltuntergang Tür und Tor? Die Auflösung, welche der Film bietet, ist – auch wenn nahe liegend – nicht uninteressant und weicht geschickt vielen unlogischen Fallstricken aus.
Doch allein damit kann der Film keinen Blumentopf gewinnen. Zum einen, weil diese überlegenswerten Ansätze mehr die Ausnahme denn die Regel sind und in dem starr auf den Mainstream abzielenden Konglomerat altbekannter Elemente einfach untergehen, zum anderen, da der dramaturgische Aspekt oft auf der Strecke bleibt: Der Film wirkt nicht immer wie „aus einem Guss“, sondern vielmehr wie eine ungelenke Aneinanderreihung bewährter Thrillerelemente. In der Folge leidet der Spannungsaufbau darunter, die Szenen laufen zum Teil hölzern vor den Augen des Zuschauers ab. Überraschende Wendungen sind Mangelware, lediglich die Auflösung hebt sich leicht wohltuend vom Mainstream ab – zum Preis, dass viele Fragen offen bleiben. An der Tatsache, dass der Film sein Potential leichtfertig in die Luft geschossen hat, können weder eine interessante Kameraführung noch ein stimmungsvoller Score oder solide darstellerische Leistungen etwas ändern; letzteres bleibt dem Zuschauer dank einer zweitklassigen deutschen Synchronisation auch gern mal verborgen.
Die Bildqualität ist ausgesprochen zufrieden stellend, der Ton wartet mit einem vollen Klangbild und einer ausgewogenen Abmischung von Musik und Soundeffekten auf. Weniger berauschend fallen hingegen die Bonusinhalte aus: Neben dem Originaltrailer in deutscher und spanischer Sprache sowie einer Trailershow zu weiteren zehn Filmen findet sich lediglich noch eine Bildergalerie auf der Silberscheibe. Dem Cover hat man ein stimmungsvolles Motiv spendiert, das zwar keinen direkten Bezug zum Film aufweist, aber immerhin nett anzusehen ist – wäre da nicht ein ausgesprochen enervierendes, übergroßes FSK-Logo, mit dem man sich mangels Wendecover anfreunden muss.
Fazit: Ein entbehrlicher Mysterythriller, der seine interessanten Ansätze nicht mit seinen Mainstream-Ambitionen in Einklang bringen kann und dadurch weder ungemein originell noch reißerisch fesselnd daherkommt. Oder anders ausgedrückt: „Die Wächter der Apokalypse“ ist wahrlich keine Offenbarung.