Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Wie wird Europa in einem Jahrhundert aussehen? Bei Michael Wallner ist die Sahara über den Süden Europas gezogen, an den Alpen gibt es eine stark gesicherte Grenze und nördlich davon gibt es ein tropisches Mitteleuropa. Das ist das Setting für die Geschichte von Tonia, einem Mädchen aus der Wüste, aus dem wüst gewordenen Italien.
An Tonias vierzehntem Geburtstag kommt das Unglück über die Familie - das Haus stürzt ein und begräbt den Vater unter sich. Nach dem Gesetz der Wüste kommen nun große Probleme auf Tonias Mutter zu, und weil Tonias kleine Geschwister irgendwie an Nahrung und Wasser kommen müssen, geht die Mutter auf das Angebot des reichsten Mannes in der Umgebung ein - sie geht in seinen Harem. Für Tonia ist kein Platz, und als ihr der Pfarrer sagt, dass er einen Platz für sie wüsste, wenn sie nur ein Junge wäre, schneidet sie sich das Haar raspelkurz und verschwindet in den Kleidern ihres Vaters in Richtung der nächsten größeren Stadt - sie sucht die Touareg, die von der Kirche angeheuert wurden, um den Menschen beizubringen, wie man in der Wüste besser überlebt. Sie will bei ihnen lernen.
Als sie in Bozen ankommt, wird sie erst mal beraubt, irrt ein bisschen umher - wird dann aber nicht nur Zeugin einer denkwürdigen Begebenheit, sondern greift auch ein. Die Touareg sind hier, aber auf dem Kirchplatz tauchen auch Menschen in seltsamen Verkleidungen auf, die sogenannten Schützentrachtler. Mit Seppelhut und Lederhose ein bisschen zu warm angezogen für die Wüste, haben sie wichtige Verbindungen in den Norden und haben in Norditalien die Macht. Tonia verhindert, dass ein Touareg erschossen wird, sie lenkt den Schuss ab und die Tochter des Trachtlerbosses wird getroffen. Nun ist Tonia natürlich die Gejagte und muss mithilfe der Touareg fliehen - und in den jüngeren der beiden verlieben muss sie sich natürlich auch.
Auf Umwegen geht es nach Rom, wo der dortige Bischof - der Papst hat sich schon länger nach Bayern verzogen - für ihre Gruppe sorgt. Gemeinsam geht es dann in den Norden und zurück in die Wüste - denn man ist dem Wasser auf der Spur, dass weit im Inneren der Erde auf seine Freisetzung wartet.
Was für ein originelles Setting, aber auch was für eine konventionelle Geschichte. Immer, wenn ein kleines bisschen Spannung aufkommt, lässt Wallner schnell einen Helfer in der Not auftauchen, dann muss er seiner Heldin nicht wirklich weh tun. Und dann hat sie auch noch mit vierzehn Jahren keinen pubertären Zug an sich, keine sehr realistische Persönlichkeit. Da hat sich der Autor offenbar so sehr über seine vielen originellen Ideen gefreut, dass er völlig vergessen hat, auch eine Geschichte in seine Ideen einzubauen. Hier ein bisschen Liebelei, dort ein kleiner Verrat, alles schön und gut, aber wo sind die Extreme? Wo ist irgendwas wirklich wichtig? Man rettet gemeinsam einen Teil der Welt - toll, und sonst?
Mit solchen Geschichten auf dem Niveau einer Telenovela kann man niemanden in dieses Buch hineinziehen. Und nur, weil man auf die Erderwärmung aufmerksam machen will, sollte man keinen Roman schreiben - für so was gibt es Sachbücher. Michael Wallner hat keine Geschichte zu erzählen, und das auf 317 Seiten. Das ist sehr schade, denn seine Ideen - da wiederholt man sich gerne - sind gut und schreiben kann er auch. Aber auch die Logik spielt manchmal Streiche, denn das die Vierzehnjährige teilweise auf mehrwöchigen Reisen als Junge durchgeht, ist doch zumindest fragwürdig. Und das Italien zu einer Sandwüste wird, klingt auch nicht so total naheliegend.
Bei einem schicken Hardcover mit Prägeoptik erwartet man aber mehr Spannung, mehr und echtere Gefühle und gerne auch ein bisschen Humor - und bitte auch weniger Logiklöcher.