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 Die italienischen Schuhe

Autoren: Henning Mankell
Übersetzer: Verena Reichel
Verlag: Zsolnay

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Fredrik Welin hat sich zurückgezogen von der Welt. Mit einer Katze und einem Hund - deren Namen der Leser das ganze Buch über nicht erfährt - lebt der 66jährige seit nunmehr zwölf Jahren auf einer Schäre, einer kleinen Insel in Schweden. Seit der frühere Chirurg einen verhängnisvollen Fehler bei einer Operation gemacht hat, hat er sich von der Welt abgewandt. Aber der Kunstfehler ist nicht Welins einzige Verfehlung.

Vor fast vierzig Jahren hat er eine Frau innig geliebt, sie jedoch verraten und verlassen. Nun passiert nichts mehr im Leben des alten Mannes. Den einzigen Kontakt, den er zur Außenwelt pflegt, ist der Besuch des Briefträgers, der mit seinem Hydrokopter über das Eis zur Insel kommt und doch keine Briefe bringt, denn Fredrik erhält keine. Jeden Morgen hackt der alte Mann ein Loch ins Eis und taucht hinab in die lähmende Kälte, um sich wenigstens für kurze Zeit lebendig zu fühlen. In dieses Leben aus Einsamkeit und schleppendem Nichtstun bricht ein Ereignis herein, das viele weitere nach sich ziehen und Fredik Welins Leben verändern wird: Draußen auf dem Eis steht eines Tages eine alte Frau. Es ist Harriet, Fredriks Liebe von damals, die er ohne eine Erklärung verlassen hat. Harriet hat Krebs und wird bald sterben, und vor ihrem Tod möchte sie ein Versprechen einlösen, das Fredrik ihr vor vielen Jahren gegeben hat. Gemeinsam machen die beiden sich auf zu einem einsam gelegenen Waldteich. Es ist nur der Anfang einer Reise, die Fredriks Leben verwandelt, ihm neue, wundersame Menschen näher bringt, und die Liebe, Vergebung und auch Tod mit sich bringt.

Seit seinem letzten Wallander-Krimi vor einigen Jahren ist der schwedische Schriftsteller Henning Mankell weniger vorhersehbar geworden. Werke wie "Tiefe" oder "Tea-Bag" überraschten die Leser, das letzte Buch "Kennedys Hirn" war ein gesellschaftskritischer Krimi, der zur Hälfte in Schweden und zur Hälfte in Afrika spielte. Sein aktuelles Werk, "Die italienischen Schuhe", ist wieder etwas völlig anderes. Ein sehr ruhiger Roman ist es geworden, vielleicht fast zu ruhig, aber perfekt für Lesestunden im Herbst. Schon in der betörenden, aber klaren Sprache spiegelt sich der Schauplatz der Handlung wieder: die schwedischen Schären, die in klirrender Kälte da liegen, so dass die Hauptfigur Fredrik Welin nachts der Musik der Sterne lauschen kann. Mankell beschreibt ein Jahr aus dem Leben von Fredrik Welin, der so völlig einsam vor sich hin lebt und der am Ende zwar nicht völlig verändert ist, aber Ruhe und Aufregung zugleich gefunden hat.

Wer bahnbrechende Ereignisse erwartet, wird hier enttäuscht werden. Das Leben des Protagonisten, der den Roman aus der Ich-Perspektive erzählt, ändert sich nicht in einem Wirbelsturm oder in Schicksalsschlägen, sondern wandelt sich bedächtig. Tatsächlich zieht sich der Roman manches Mal dahin, ohne dass es wirklich voran geht. Der erste Teil mutet fast wie ein Roadmovie an - der alte Mann und seine todkranke Jugendliebe machen sich auf eine beschwerliche Reise, die beider Leben verändert. Nach diesem ersten Ruck trifft Fredrik die Entscheidung, auch den Rest seines Lebens zu ordnen und eine alte Schuld zu begleichen. Auf diesem Weg findet er andere Schicksale, die sein Leben beeinflussen. Alle Personen, die in diesem Roman auftauchen, sind ähnlich bemerkenswert wie Welin selbst: ein alter italienischer Schuhmachermeister, der zurückgezogen in den Wäldern lebt, eine junge Frau in einem Wohnwagen, die Protestbriefe an die Regierung schreibt, ein junges Mädchen aus dem Iran, das zum eigenen Schutz mit einem Samuraischwert durch die Gegend läuft.

In der unspektakulären Ruhe dieses Buches liegt seine Stärke, die von manchem Leser vielleicht als langweilig empfunden werden wird, die aber lebensnah und voller Schönheit ist. Sprachlich ist Henning Mankell wie eh und je bewundernswert; er schreibt mit großer Klarheit und mit sehr präzisem Blick für die Details. Eine stille, melancholische Erzählung über das Alter, die Einsamkeit, das Sterben, über Liebe, Schuld und Vergebung und verschiedene Lebensentwürfe und Schicksale.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. August 2007 | ISBN: 9783552054158 | Originaltitel: Italienska skor | Preis: 21,50 Euro | 368 Seiten | Sprache: Deutsch

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