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Nichts wünscht sich die Musiktherapeutin Zoe so sehr wie ein Kind. Weil es auf natürlichem Weg nicht klappen will, entscheiden ihr Ehemann Max und sie sich für eine künstliche Befruchtung. Nicht nur einmal, sondern mehrfach. Die Behandlungen brauchen sämtliche finanzielle Reserven auf, sind aber nicht von Erfolg gekrönt. Nach einer Fehlgeburt gibt Max schließlich auf und reicht die Scheidung ein. Zoe ist am Boden zerstört und stürzt sich in ihre Arbeit. Dabei lernt sie die Lehrerin Vanessa kennen – und verliebt sich zu ihrer eigenen Überraschung in diese. Die beiden Frauen heiraten. Als der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind aufkommt, erinnert sich Zoe an die befruchteten Eizellen, die in einer Klink noch auf sie warten. Sie selbst kann nach Komplikationen bei der Fehlgeburt zwar kein Kind mehr austragen – aber Vanessa könnte das. Als sie Max um seine Einwilligung bittet, ahnt sie, dass dieser nicht begeistert sein wird. Nach der Scheidung ist er überraschend Mitglied in einer fundamentalistischen Kirchengemeinde geworden, die für Homosexualität nicht viel übrig hat. Was jedoch folgt, das hätte Zoe nicht in ihren kühnsten Träumen erwartet. Obwohl er selbst nicht Vater werden will, lässt Max seine Exfrau vor Gericht vorladen. Damit Zoe und Vanessa die befruchteten Zellen nicht bekommen, will er die Verfügungsgewalt über diese einklagen – um sie dann seinem kinderlosen Bruder und dessen Ehefrau zu schenken.
Wie etwa in
"Zeit der Gespenster" oder ihrem überragenden Erfolg "Beim Leben meiner Schwester" arbeitet
Jodi Picoult in "Ein Lied für meine Tochter" kontroverse Themen auf: Unfruchtbarkeit und die zehrenden Herausforderungen, denen sich ältere Frauen stellen müssen, wenn sie schwanger werden wollen; die Schwierigkeiten eines späten Coming Outs sowie die Anfeindungen, die gleichgeschlechtlich liebende Menschen im prüden Teil Amerikas bis heute widerfahren. Eine ganze Kirchengemeinde ist in „Ein Lied für meine Tochter“ dagegen, dass Zoe und Vanessa als lesbisches Ehepaar ein gemeinsames Kind bekommen. Damit könnte Jodi Picoults Roman hierzulande nicht zeitlich treffender erscheinen, war doch jüngst die Frage nach der Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe ein politisch hochaktuelles und brisantes Thema, an dem sich die Gemüter gespalten haben. Wie in unserer Gesellschaft sind es auch im Roman vor allem die erzkonservativen Christen, die sich mit fadenscheinigen Argumenten zu Richtern über ihre Mitmenschen aufschwingen und auf kompromisslose Art und Weise für gewaltig Unmut und Probleme sorgen. Nun zeichnen sich Jodi Picoults Bücher gewöhnlich dadurch aus, dass die Autorin durch das Aufteilen der Handlung in mehrere Perspektiven ein Problem aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. In
"19 Minuten" und "Beim Leben meiner Schwester" ist ihr das großartig gelungen. In ihren jüngeren Romanen hingegen scheint sie dazu geneigt, Partei zu ergreifen. Das ist an sich nicht schlimm und ihr gutes Recht. In "Ein Lied für meine Tochter" gerät ihr die Kritik an den fundamentalen Christen vielleicht doch eine Spur zu negativ.
Hinzu kommt, dass die Story viel zu lange braucht, um richtig Fahrt aufzunehmen. Das erste Drittel konzentriert sich auf Zoe und Max, ihre vergeblichen Versuche, ein Kind zu bekommen und schließlich das unerwartete und tragische Ende ihrer Beziehung. Im zweiten Drittel schildert Picoult, wie Max und Zoe wieder Fuß fassen in zwei sehr unterschiedlichen Leben. Das letzte Drittel schließlich konzentriert sich auf den ungewöhnlichen Gerichtsprozess, der schonungslos unschöne Wahrheiten ans Licht zerrt und mehrere Menschenleben zu zerstören droht. Wenn die Autorin auch in den ersten beiden Dritteln gute Charakterzeichnungen abliefert und unterhaltsam auf durchaus reale Probleme in unserer Gesellschaft aufmerksam macht – sie sensibilisiert auf sympathische Weise für die Probleme lesbischer Beziehungen -, so ist es doch erst das letzte Drittel, das in typischer Picoult-Manier packt. Hat Max erstmal die Klage eingereicht, schlägt einen die Geschichte in ihren Bann. Dass ist leider viel zu spät, um dem Hörbuch in der Gesamtwertung die volle Punktzahl zu geben.
Einen Punkt allerdings retten die angenehmen Sprecherleistungen von Nicole Engeln, die den Part der Zoe spricht, Matthias Koeberlin, der die Max-Kapitel einliest und Sabina Godec (Vanessa). Ebenfalls schön ist, dass sich der Verlag dazu entschieden hat, zwischen den Kapiteln die eigens für den Roman geschriebene Musik einzuspielen. Wer Jodi Picoults Bücher mag, findet in "Ein Lied für meine Tochter" sicher einiges, was ihn anspricht. Wer noch nichts von der amerikanischen Bestsellerautorin gelesen oder gehört hat, sollte sich jedoch eher für einen anderen Roman entscheiden.
Eine Hörprobe findet man hier.