Helen ist fasziniert von dem kleinen Affen. Wie er da auf der Schulter des alten Mannes sitzt und die kleine Blechdose vorstreckt. Zusammengekauert wegen der Kälte und des Windes an der Straßenecke, die so wenig Schutz bietet. Was der Leierkastenmann wohl des Nachts macht? Wo er wohl schläft? Wie er und der kleine Affe den kalten Winter überstehen?
Helen, die ihrem großen Auftritt als Engel im Krippenspiel am nächsten Abend entgegenfiebert, kehrt in Gedanken immer wieder zu dem alten Mann und seinem Affen zurück. Sie beschließt, just in dieser Nacht herauszufinden, wohin die beiden gehen. Doch als sie in der Nacht ins Wohnzimmer schleicht und aus dem Fenster blickt, sieht sie die beiden an der Häuserwand kauern und der Kälte trotzen.
Helen ist entsetzt, aber sie kann ihre Mutter am nächsten Morgen nicht dazu überreden, den beiden zu helfen. Und so ergreift das kleine Mädchen beherzt die Initiative. Sie lädt den Mann im Vorbeigehen zum Krippenspiel in der nahen Kirche ein. Vielleicht hilft sie ihm ja damit.

"Kentucky Star", "Winn-Dixie", "Die wundersame Reise von Edward Tulane", "Despereaux - Von einem, der auszog das Fürchten zu verlernen", "Der Elefant des Magiers" – die Liste der außergewöhnlichen Kinder- und Bilderbücher, die aus der Feder von Kate DiCamillo stammen, ist lang. Ebenso lang ist die Liste der Auszeichnungen, die die amerikanische Autorin für ihre Bücher erhalten hat.
Zweifellos wird auch "Eine große Freude" zu einem großen Erfolg. Die Geschichte ist zwar kurz, bringt aber auf den Punkt, was das Mädchen Helen bewegt und was ihr wichtig ist. Kate DiCamillo gelingt es hier fast nebenbei, zu zeigen, dass man immer hilfsbereit sein sollte, seiner Umgebung und Umwelt, den Menschen, denen man begegnet, das Hauptaugenmerk gelten sollt.

Doch lange im Gedächtnis bleibt dieses Buch nicht wegen seiner wenigen Sätze, der netten Geschichte und der zu Herzen gehenden Botschaft – nein, fasziniert ist der Leser von der ersten Seite an von den Bildern Bagram Ibatoullines.
Er fängt nicht nur Stimmung und Aussage des Textes perfekt ein, ihm gelingen Seite für Seite kleine Kunstwerke, die tiefen Eindruck hinterlassen. Seine Zeichnungen wirken wie Bilder aus vergangenen Jahrhunderten. Wie Ölgemälde, denen ein langer Alterungsprozess eine Patina verliehen hat, die nostalgische Gefühle im Betrachter wecken.
Wie der gebürtige Russe die Atmosphäre der Geschichte einfängt, wie er mit Licht und Schatten spielt und wie er in nur wenigen Zeichnungen eine ganze Welt erschafft, ist wundervoll zu beobachten. Kate DiCamillo bräuchte einen ganzen Roman, um zu erzählen, was Ibatoulline in seine Illustrationen einfließen lässt, was er andeutet, anreißt, vermuten und den Leser erträumen lässt.
Den Bildern und der netten Geschichte angemessen, ist das sehr gelungene Layout des Verlags. Gediegener, fester Einband, gute Druckqualität, Goldprägung, goldene Einband-Innenseiten und ein günstiger Preis sorgen für eine hohe Wertigkeit dieses Bilderbuches.

"Eine große Freude" ist ein Buch, das unter jedem Weihnachtsbaum liegen sollte. Es erzählt in einem winzigen Ausschnitt unglaublich viel von der Welt und unseren Mitmenschen und dem Mitgefühl für sie und ihre Nöte, das unser Tun beherrschen sollte.