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 El Grande


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Spanien im 15. Jahrhundert - das Land ist in viele Provinzen aufgeteilt und fünf durch die Spieler repräsentierte Adelsgeschlechter versuchen, ihren Einfluss über das gesamte Land auszudehnen. Dabei beeinflussen sie den König, intrigieren an allen Orten des Landes und schicken ihre Untergebenen in alle Provinzen aus, um zu den entscheidenden Zeitpunkten ihren Einfluss am besten über das ganze Land verteilt zu haben.

"El Grande" wurde zwar 1996 als "Spiel des Jahres" ausgezeichnet, ist allerdings von enormer Regelkomplexität.
Ziel des Spiels ist es, zum Schluss auf der Wertungsleiste am weitesten fortgeschritten zu sein. Dazu muss man bei der alle drei Runden stattfindenden Wertung in so vielen Provinzen wie möglich seine Caballeros postiert haben.
Ein Spiel geht normalerweise über neun Runden, wobei nach jeweils drei Runden eine Wertung erfolgt - zwischendurch können jedoch auch Sonderwertungen eingeschoben werden. Auf dem Spielplan sind neun Provinzen verzeichnet, die unterschiedlich viele Punkte bringen. Außerdem gibt es einen großen Holzturm, das Castillo, mit dem man ebenfalls Punkte bekommen kann und das bei jeder Gesamtwertung eine wichtige Funktion hat.
In jeder Runde werden Aktionskarten von fünf verschiedenen Stapeln aufgedeckt. Diese Aktionskarten bilden das zentrale Element im Spiel, denn durch sie kann man einsatzbereite Caballeros auf dem Spielplan verteilen. Außerdem befähigen sie den Spieler, der sie verwendet, dazu, die auf ihr verzeichnete Aktion durchzuführen, was die Sonderwertung eines Landes sein kann, ein Veto gegen andere Aktionskarten, die Möglichkeit, Caballeros auf dem Spielplan hin und her zu schieben und vieles mehr.
Die Spielreihenfolge, in der sich die Teilnehmer Aktionskarten aussuchen, wird durch das Legen der Machtkarten bestimmt, von denen jeder welche mit Werten von eins bis dreizehn hat. Jeder muss eine andere Karte legen, der mit der höchsten beginnt. Dabei macht es Sinn, Machtkarten mit einer niedrigeren Zahl zu spielen, denn je kleiner die Zahl der Karte, desto mehr Caballeros darf man sich aus seinem Vorrat, der Provinz, an den Hof holen, von wo aus man sie dann auf den Plan verteilen kann.
Ist die Reihenfolge festgelegt, sucht sich der erste Spieler eine Aktionskarte aus, darf deren Aktion ausführen und Caballeros verteilen, was sich nach der Stärke der Karte richtet. Je besser die Aktion der Karte, desto weniger Caballeros dürfen - nach speziellen Regeln - auf den Plan oder in das Castillo gesetzt werden.
Waren alle Spieler einmal dran, werden die nächsten fünf Aktionskarten aufgedeckt und eine neue Runde beginnt. Nach jeweils drei Runden gibt es eine Gesamtwertung, in der der Reihe nach alle Provinzen ausgewertet werden. Wer in einer Provinz die meisten Caballeros hat, bekommt die meisten Punkte und rückt auf der Zählleiste am weitesten vor, der zweite bekommt die zweitmeisten und der dritte am drittmeisten Punkte. Vorher wird jedoch das Castillo gewertet, in dem sich wahrscheinlich Caballeros von unterschiedlichen Spielern befinden. Die entscheiden geheim, in welche Provinz sämtliche Caballeros des Castillos geschickt werden sollen - so kann sich in wichtigen Regionen nochmal alles ändern, bevor diese gewertet werden.
Nach neun Runden endet das Spiel. Der Spieler, der die meisten Punkte gesammelt hat und auf der Randleiste am weitesten fortgeschritten ist, gewinnt.

Mittlerweile bekommen vor allem sehr zugängliche Spiele die Auszeichnung "Spiel des Jahres", 1996 konnte jedoch noch so ein komplexes Spiel wie "El Grande" den Titel (zurecht) für sich beanspruchen. Wenn man das Spiel erklären will, muss man sich vorher schon ziemlich sammeln, um die Neulinge im Spiel nicht zu überfordern, denn es gibt recht viele miteinander verknüpfte Elemente und kleine Sonderregeln, die der Übersicht weniger verträglich sind.
Für eine ganze Gruppe von Anfängern ist jedoch ein sehr gutes Übersichtsblatt mit einem Einführungsspiel bereit gelegt. In diesem Einführungsspiel handeln die Spieler nicht selbst, sondern spielen eine von den Entwicklern vorgegebene Partie bis zur ersten Wertung nach. Wenn sich da natürlich der Spaß ein wenig in Grenzen hält, so ist dies doch eine didaktisch sehr gute Methode, um die Spieler mit dem Ablauf und den vielen wichtigen Regeln von "El Grande" Schritt für Schritt vertraut zu machen, ohne sie zum Regelbüffeln zu zwingen. Komplexe Spiele sollten das häufiger verwenden.
Die eigentliche Anleitung ist aber keineswegs vernachlässigt worden, sondern erklärt das Spiel nochmal ganz im Detail und mit allen Regeln. Sogar, und dafür ein großes Lob, werden sämtliche Aktionskarten nochmal vorgestellt und erklärt, wodurch keinerlei ungeklärte Lücken entstehen.

Die Grafik von "El Grande" ist äußerst liebevoll und stimmig gestaltet. Der Spielplan mit seinen Provinzen und Schlössern sieht wunderschön aus, die Aktionskarten und Symbole sind eindeutig und die Anleitung ist zwar schwarz-weiß, aber dennoch exzellent bebildert. Zwar sind fast alle Grafiken in recht eintönigem hellbraunem Ton gehalten, aber das verstärkt nur noch den Eindruck, halb verfallene Dokumente aus dem Mittelalter in den Händen zu halten.
Neben den obligatorischen Holzwürfeln und -würfelchen sind die Königsfigur und vor allem das große, hölzerne Castillo äußerst eindrucksvoll. Mit solchen Komponenten spielt man gerne!
Einziger Wermutstropfen: Die Schachtel bietet gar keinen Platz zum Ordnen der Teile. Ein großer Plastikbeutel für die vielen Würfel liegt bei, der Rest fliegt in der Schachtel lose hin und her.

Fazit:
Eigentlich ist das 15. Jahrhundert in Spanien für Nicht-Historiker keine besonders spannende Grundlage für ein tolles Spiel. Aber "El Grande" setzt sein eigenwilliges Thema so außergewöhnlich gut um, dass man sich schnell beim eifrigen Intrigieren und Einflussausüben im alten Spanien ertappt. Die komplexe Mechanik macht es einem zwar nicht einfach, das Spiel zum sofortigen Loslegen zu erklären, eine Gruppe von Neulingen wird dank des tollen Einführungsspiels allerdings keine Probleme damit haben, muss jedoch entsprechend Zeit dafür aufwenden.
Toll ist auch das Reduzieren des Glücksanteils auf ein absolutes Minimum. Lediglich die Frage, welche Aktionskarten nächste Runde auftreten werden, ist unklar, ansonsten kann man durch Aufmerksamkeit und clevere Planung die anderen Spieler schnell austricksen und überraschen. Alle prügeln sich um die wertvolle Region Neukastillien? Dann verteile ich mich halt auf all die kleineren Regionen und sammle so viel mehr Punkte! In "El Grande" schmiedet jeder so seine Pläne und kann damit, wenn er es richtig angeht, schnell Erfolg haben. In der ersten Partie wird man jedoch freilich noch nicht sofort die intelligenten Mechanismen von "El Grande" durchschauen und zu seinem Vorteil nutzen können.
So gibt es auch kaum Dinge, die den vorbildlichen Gesamteindruck des Spiels stören. Fans simpler Brettspiele, die sofort loslegen wollen, werden "El Grande" sicherlich weniger mögen, Liebhaber wirklich spannender Spiele ebenfalls nicht. Fortgeschrittene und Profistrategen finden mit "El Grande" ein exzellent aufgemachtes Spiel zum Taktieren, Familien mit älteren Kindern ein etwas anspruchsvolleres, aber immer noch angemessen schweres Gesellschaftsspiel.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. Januar 1996 | FSK: 12 | ISBN: B00023PDXO | Preis: 34,95 Euro

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