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 Erdbeermond

Autoren: Marian Keyes
Übersetzer: Susanne Höbel
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++--
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Anna wird bei einem Autounfall in New York schwer verletzt und fliegt nach Hause, nach Irland, um sich dort von der Familie gesund pflegen zu lassen. Die meiste Zeit umnebelt von Schmerzmitteln und eher genervt von ihrer Chaos-Familie, vermisst sie am allermeisten ihren Mann Aidan. Sie schreibt ihm E-Mails, spricht ihm auf die Mail-Box und ruft ihn an, doch vergeblich: Aidan meldet sich nicht, und Anna macht sich zunehmend Sorgen. Erst nach Wochen gesteht sie sich in ihrer leeren Wohnung das bis dahin Verdrängte, Unbewusste und Schreckliche ein: Während sie den verhängnisvollen Verkehrsunfall überlebt hat, starb Aidan an seinen schweren Verletzungen.

Zurück in New York stürzt Anna sich zunächst voll in ihre Arbeit als PR-Managerin einer bekannten Kosmetikfirma und sucht nach Wegen, um die entsetzliche Trauer zu verarbeiten. Vor allem beschäftigt sie die Frage, wo Aidan sich nun aufhält. Spiritualität scheint Anna in ihrer Verzweiflung ein möglicher Ausweg. Sie lässt sich auf allerhand Dinge ein, an die sie eigentlich nicht recht glaubt - ein Medium, ein Gesprächskreis zur Anrufung von Toten und anderes - und muss doch erkennen, dass Aidan endgültig fort ist und dass sie selbst es in Hand nehmen muss, ihr Leben weiterzuleben.

Wer schon sehnsüchtig auf ein neues Buch mit der irischen Familie Walsh gewartet hat, wird sich über den Roman "Erdbeermond" mit Sicherheit freuen. Nachdem fast alle anderen Walsh-Töchter in jeweils eigenen Romanen vorkamen - Rachel in "Rachel im Wunderland", Claire in "Wassermelone", Maggie in "Auszeit für Engel" - ist jetzt Anna an der Reihe. Der Roman behandelt ein sehr sensibles Thema und ist stellenweise todtraurig, gleichzeitig aber so komisch, wie man es von Marian Keyes gewohnt ist. Leider zieht sich die Handlung des Öfteren sehr stark in die Länge. Als großer Fan von KeyesÂ’ Roman hätte ich es zwar nicht für möglich gehalten, aber ich habe mich stellenweise wirklich gelangweilt. Unterhaltsam ist zweifellos die Schilderung der spleenigen Einwohner New Yorks, die Keyes gnadenlos karikiert. Auch die Einblicke, die einem in Annas aberwitzigen Berufsalltag für die schrille Kosmetik "Candy Grrrrl" gewährt werden, sind sehr komisch und treffend. Andere Stellen ziehen sich jedoch leider wie Kaugummi. Die Handlung - wie Anna versucht, ihre Trauer und ihr neues Leben ohne Aidan in den Griff zu kriegen - gibt im Endeffekt nicht genug her, um sie auf satte 560 Seiten auszuwälzen.

Ausführlich wird beschrieben, wie Anna wieder und wieder Möglichkeiten sucht, Kontakt zu ihrem toten Ehemann aufzunehmen. Das ist zunächst interessant, nach 400 Seiten aber eher ermüdend, zumal nicht viel anderes passiert. Eine Entwarnung gibt es für Esoterik-Feinde: Der Roman handelt zwar unter anderem von Möglichkeiten, wie man unter Umständen mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen kann, es ist jedoch kein abgefahrenes Esoterik-Buch und bleibt stets realistisch. Anna trifft auf ihrem Weg allerhand interessante Charaktere, die aber nicht genug Bedeutung haben, um dem Leser bis zum Ende im Gedächtnis zu bleiben. Auf den allerletzten Seiten schließlich wird es versöhnlich, gleichzeitig jedoch so süßlich, dass an dieser Stelle weniger auf jeden Fall mehr gewesen wäre. Der Roman ist durchaus gelungen, liest sich leicht und gut, aber er ist nicht Marian Keyes bester Roman. Man lacht, man leidet mit Anna, aber am Ende bleibt für den einen oder anderen Leser sicher ein schaler Beigeschmack. Aufgelockert wird die Handlung durch einen E-Mail-Briefwechsel mit Annas Schwester Helen, die als Privatdetektiv von einem irischen Gangsterboss mit dem Namen "Mr. Big" angeheuert wird. Diese E-Mails sind zunächst wirklich komisch und fesselnd, werden am Ende jedoch so unglaubwürdig und fantastisch, dass man ein wenig den Kopf schüttelt.

Fast eine Unverschämtheit ist der deutsche Titel des Buches, der in der Originalfassung "Anybody Out There?" heißt. Wie auch schon bei Marian Keyes Roman "Neue Schuhe zum Dessert" (Original: "The Other Side of The Story") sind die Dümmlichkeit des Titels und der fehlende Bezug zur Handlung unverständlich. Wahrscheinlich soll er suggerieren, dass es sich um ein niedliches, romantisches Frauenbuch handelt. Abgesehen davon, dass im gesamten Roman weder Erdbeeren noch Monde oder gar Erdbeermonde eine tragende Rolle spielen, fühlt sich der Leser - eher die Leserin - hier zu Recht veralbert; zudem wird der Titel dem Buch auch nicht gerecht.

Fazit: Der Roman hält mehr, als der unpassende Titel "Erdbeermond" verspricht. Er ist insgesamt witzig, leicht und locker zu lesen und nimmt sich behutsam eines schwierigen Themas an: Was passiert, wenn ein über alles geliebter Mensch stirbt? Wie geht das Leben weiter? Jedoch besitzt der Roman einige Längen und ein leider etwas kitschiges, dennoch aber hoffnungsvolles, Ende. Für Fans der Autorin und der sympathischen Walsh-Familie ist das Buch auf jeden Fall zu empfehlen, außerdem für alle, die typische "Frauenbücher", die dennoch genügend Tiefgang haben, mögen. Als lockere Bettlektüre oder als Buch für den Urlaub definitiv geeignet!

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. März 2006 | ISBN: 345302270X | Originaltitel: Anybody out there? | Preis: 19,95 Euro | 560 Seiten | Sprache: Deutsch

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