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 Erinnerungsorte - Erinnerungsbrüche

Mittelalterliche Orte, die Geschichte mach(t)ein


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Canossa, Lechfeld und Cluny - So heißen bekannte Schauplätze mittelalterlicher Geschichte. Mit ihnen verbindet sich die Erinnerung an den Investiturstreit, die erfolgreiche Schlacht Ottos des Großen gegen die Ungarn beziehungsweise ein wegweisender und vorbildhafter Klosterverband des Mittelalters. Während von Canossa nur noch Ruinen vorhanden sind, ist das Lechfeld als geografische Landschaft immer noch präsent. Und Cluny wurde 2010 gar zur 1100-Jahr-Feier virtuell zum Leben erweckt. Alle drei sind somit Erinnerungsorte mittelalterlicher Geschichte, die im Mittelpunkt dieses Buches stehen.

Da sich die beiden Herausgeber Frank Meier und Ralf H. Schneider zum Ziel gesetzt haben, "dass solche Orte, die bislang nicht als nationale Erinnerungsorte wahrgenommen wurden, in die Erinnerung aufgenommen werden", finden sich neben den erwähnten bekannteren Beispielen auch zahlreiche Orte, welche bisher kaum Eingang in das kulturelle Gedächtnis gefunden haben. Zudem werden Orte thematisiert, die zwar in verschiedenen Bezeichnungen überlebt haben, deren lokaler Ursprungsort jedoch weitgehend dem Vergessen anheimgefallen ist und somit durch einen "Erinnerungsbruch" gezeichnet sind. Ein Beispiel dafür ist die Habsburg, welche den meisten nur durch die Dynastie der Habsburger bekannt sein dürfte. Zudem existieren auch zahlreiche mythische Erinnerungsorte wie das "Priesterkönigreich des Johannes", welche die Grenzen aus Realität und Fiktion verschwimmen lassen.

In der Regel werden die Erinnerungsorte in den einzelnen Aufsätzen des Bandes nicht einzeln besprochen, sondern meist im Rahmen eines Themas gebündelt - zum Beispiel "Das Papsttum im Exil". Dadurch thematisiert nahezu jeder Aufsatz zwei oder drei Erinnerungsorte. Im genannten Beispiel sind dies die Orte "Viterbo, Anagni und Avignon".

Der Aufsatzband bietet eine gut lesbare Annäherung an "mittelalterliche Orte, die Geschichte mach(t)en". Wie der Untertitel bereits andeutet, erfährt der Leser aber nicht nur etwas über die mit dem Ort verbundenen Geschehnisse, sondern auch über die Erinnerungskultur an denselben. Kenntnisreich lassen die Autoren hier die unterschiedlichsten Erscheinungsformen der Erinnerung wie Gedichte oder Bilder in die Ausführungen mit einfließen. Schade ist lediglich, dass keines der erwähnten Bilddokumente abgebildet wurde.

Der interessierte Leser wird dies jedoch verkraften, da die Texte allesamt kurzweilig zu lesen sind und interessante Einblicke zutage fördern, bei denen trotz der Kürze der Aufsätze (in den meisten Fällen rund fünfzehn Seiten) auch wissenschaftliche Kontroversen nicht zu kurz kommen. Durch den vergleichenden Ansatz innerhalb der einzelnen Beiträge werden zudem zahlreiche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Erinnerungskultur thematisiert.

Erfreulicherweise verzichtet der Band auf eine rein national geprägte Auswahl der Erinnerungsorte, indem zahlreiche Orte im heutigen England und Frankreich aufgenommen wurden, sodass dieser auch einen Beitrag zu einer europäischen Erinnerungskultur leistet.

Wer das Buch für den universitären Gebrauch nutzen möchte, wird jedoch ein Stichwortregister vermissen. Nichtsdestotrotz ein kluges Buch, das die Aufmerksamkeit der am Mittelalter interessierten Leser verdient.

Weitere Informationen zum Buch finden sich auf der Webseite des Verlags

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 27. August 2013 | ISBN: 978-3799502306 | Preis: 26,99 Euro | 336 Seiten | Sprache: Deutsch

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