Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Im Jahr 2001 erbt Philipp Gerlach, ein phlegmatischer Schriftsteller Ende dreißig, das Haus seiner Großeltern in einer Wiener Vorstadt. Er, der schon mit seinem eigenen Leben reichlich überfordert ist - auch das Liebesleben besteht lediglich aus einer verheirateten Geliebten, die ihn ab und an für etwas Sex besucht, wenn es ihr passt -, sieht sich mit der Geschichte seiner Familie konfrontiert.
Der Auseinandersetzung damit möchte er sich aber nicht stellen, daher heuert er zwei von seiner Geliebten vermittelte Hilfsarbeiter an und lässt das Haus gründlich entrümpeln, als könne er sich mit dem Inventar auch der Familiengeschichte entledigen.
Zu dieser Geschichte gehören die Großeltern Alma und Richard, er Nazi-Gegner und später Minister, Fremdgänger und autoritärer Familienvater, sie die nicht sonderlich glückliche, duldende Ehefrau; und ihre Tochter Ingrid, Ärztin, die den mittellosen Spieleerfinder und späteren für eine Verkehrsbehörde tätigen Ingenieur Peter Gerlach heiratet. Eine Liebesheirat gegen den Widerstand der Eltern, zumal Peter Hitlerjunge war und seine Eltern mit den Nazis sympathisiert hatten. Und trotz der anfänglichen großen Liebe geht auch hier das Glück flöten.
Während sich Philipps Geschichte wie ein roter Faden durch die Erzählung zieht, im Grunde so wenig spannend wie der träge Protagonist, und nach und nach immer frappierender dessen totale Einsamkeit enthüllt, erschließt sich die Familiengeschichte in Form von Rückblenden. Es gibt auch darin nur einige wenige packende, fesselnde Szenen, alles andere geschieht, wie unspektakuläre Leben eben zu geschehen pflegen, ein paar Beschleunigungen und Strudel, ansonsten ein breiter, manchmal mäandrierender Fluss, klassisch für die Mittelschicht jener, vielleicht jeder Zeit: Auflehnung der jüngeren Generation gegen die Eltern, Vorwürfe, schließlich im Grunde dieselben Fehler und eine Wiederholung in der Auflehnung der eigenen Kinder. Nicht zuletzt hier zeigt sich der leichte Zynismus, der in diesem Buch mitschwingt, fein dosiert und mit sprachlicher Eleganz veredelt; der Leser soll die Charaktere nicht unbedingt mögen.
Philipp lässt sich ohne seine Wurzeln nicht verstehen, aber während das Vergangene allmählich aus der Dunkelheit hervortritt, scheint Philipp immer noch blasser und langweiliger zu werden, ein haltloser Mensch ohne Fixpunkt in seinem Leben, für den gegen Ende des Romans regelrecht sein Glück davon abzuhängen scheint, ob seine beiden Hilfsarbeiter ihn als eine Art Freund akzeptieren; er hat ja keine Freunde und verliert schließlich sogar die recht genügsame Geliebte.
Angeboten wird das Hörbuch in Form einer aufklappbaren Karton-Verpackung mit sechs in Fächern steckenden CDs: schlicht, ansprechend, praktisch.
Matthias Brandt liest engagiert und bringt möglichst viel Spannung in die ansonsten doch bisweilen etwas langatmige Geschichte – das Kürzen für die Hörbuchfassung hat, soweit sich das ohne Kenntnis des Originals entscheiden lässt, nicht geschadet -, er fühlt sich gut in die Charaktere und Stimmungen ein und vermittelt die wesentlichen Aussagen großartig.
Somit handelt es sich nicht um ein Hörbuch für Menschen, die vor allem gute und spannende Unterhaltung suchen. Wer Bücher mit Tiefgang und einem leichten Hang zur Satire mag, wird sich hingegen dafür begeistern können, zumal, wenn er oder sie ein Familienmensch ist; oder das genaue Gegenteil davon.
Eine Hörprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.