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Blumen und andere Pflanzen sind beliebte Motive in der Kunst. Meist wählten die Maler und Zeichner in den letzten Jahrhunderten einheimische Arten als "Modelle" aus, bisweilen porträtierten sie jedoch auch Exoten - wie Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff. Den Kakteen und anderen Exoten im Werk dieser beiden Künstler ist eine Ausstellung des Brücke-Museums Berlin gewidmet, die vom 6. November 2016 bis 8. Januar 2017 zu sehen war. Als Ausstellungskatalog dient das hier besprochene Buch.
Im ersten Essay "Kakteen erobern die Welt" erfährt der Leser, wie die ursprünglich nur auf dem amerikanischen Kontinent beheimateten Kakteen ihren Weg nach Europa fanden, nachdem Kolumbus erste Exemplare am spanischen Königshof vorgestellt hatte. Andere außereuropäische Pflanzen, vor allem Blumen, wurden hierzulande - wie in dem Beitrag "Außereuropäische Blütenpflanzen" deutlich wird - durch Botanische Gärten und die unermüdliche Sammeltätigkeit von Forschern wie Humboldt bekannt wurden. Der dritte Essay befasst sich mit Kakteen in der Kunst der Neuen Sachlichkeit. Zwei weitere Aufsätze betrachten die Exoten-Darstellungen im Werk von Nolde und Schmidt-Rottluff. Daran schließen sich die Tafeln mit Abbildungen der Exponate an. Im Anhang finden sich Anmerkungen, Tafelverzeichnis, Biografien der Künstler und der Bildnachweis.
Bereits die dem Katalogteil vorangestellten Essays schmücken sich mit herrlichen Zeichnungen von Kakteen und anderen Pflanzen außereuropäischen Ursprungs sowie alten Fotos aus Botanischen Gärten, die das Auge des Lesers schon beim ersten Durchblättern festhalten. Es lohnt sich indes, nicht einfach zu Noldes und Schmidt-Rottluffs Bildern weiterzublättern, sondern die vier Essays zu lesen. Diese führen so unterhaltsam wie fundiert in die Integration von Kakteen und vielen anderen exotischen Blumen in europäische Sammlungen und Haushalte ein, beginnend mit der Entdeckung Amerikas und den dort vorzufindenden Kakteen durch Kolumbus. Und sie zeigen auf, wie die beiden Maler Nolde und Schmidt-Rottluff die Exoten als künstlerisches Thema für sich fanden und entwickelten - Nolde übrigens auch im Rahmen von ausgedehnten Reisen nach Übersee. In einem der Essays werden etliche Fotos von Kakteen in Noldes Haus Seebüll gezeigt.
Auch wird der Kaktus als Motiv für Anhänger der Neuen Sachlichkeit vorgestellt, was nicht erstaunt, wenn der Leser sich einen der stachligen (beziehungsweise streng botanisch gesehen: dornigen) Gesellen genauer ansieht: Die Pflanzen bieten reichlich Symmetrien und geometrische Figuren, manche von ihnen im Dornenkleid sogar die berühmte Fibonacci-Reihe.
So unterschiedlich die beiden Künstler malen, so eindrucksvoll präsentiert jeder von ihnen seine Motive in einer persönlichen Ausführung. Die großformatigen Abbildungen im Buch geben einen guten Eindruck von den Originalen wieder, deren Schöpfer so ganz anders mit dem Thema Blumen umgehen als die Maler früherer Jahrhunderte. Es würde zu weit führen, näher darauf einzugehen - dem Interessierten sei der vom Gehalt wie auch von der Aufmachung her bestens gelungene Band jedoch wärmstens empfohlen, da sich dieser nicht allein auf die Funktion eines reinen Ausstellungskatalogs beschränkt: Er bietet sowohl die Vorzüge eines Sach- als auch eines Bildbandes. Kunst- und Blumenfreunde dürfen glückliche Stunden mit dem Buch erwarten.
Einen Blick ins Buch bietet die Verlagsseite.