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Forscher stehen unter einem enormen Erfolgsdruck, denn ohne Aufmerksamkeit erregende Publikationen erhalten sie keine Gelder zur Fortsetzung ihrer Arbeit. Natürlich locken auch Beförderungen, Preise oder ganz allgemein der Fokus der Öffentlichkeit. Und wenn man längere Zeit nicht vorankommt, gerät man unter Umständen in Versuchung, Ergebnisse zu frisieren oder Daten zu präsentieren, die man nicht selbst aus Experimenten gewonnen hat.
Solche Fälle ziehen sich, wie Heinrich Zankl in seinem Buch "Fälscher, Schwindler, Scharlatane" aufzeigt, fast wie ein roter Faden durch die Wissenschaftsgeschichte von der Antike bis in unser Jahrhundert. Um 140 n. Chr. hatte etwa der ägyptische Astronom Ptolemäus offensichtlich keine Gewissensbisse, als er die Daten für seinen Sternenkatalog von dem zweihundert Jahre früher geborenen, auf Rhodos lebenden Griechen Hipparchos übernahm. Sonst hätte er auch Sterne aufgeführt, die in Alexandria, nicht aber auf Rhodos beobachtet werden können: Der Sternenhimmel des deutlich weiter nördlich gelegenen Rhodos unterscheidet sich teilweise von dem Alexandrias. Auch die Wissenschaftsikonen Galilei und Newton haben es nachweislich mit der Wahrheit nicht immer genau genommen, glichen geschönte Daten jedoch durch ihre geniale Intuition aus und gelangten somit trotzdem zu richtigen Naturgesetzen, wie Zankl erläutert.
Massive Folgen für Patienten hatte mancher von Medizinern eingeschlagene Irrweg, zum Beispiel jener des im Buch ebenfalls porträtierten Bruno Bettelheim, der seinen Lebenslauf weitgehend erfand und auf diese Weise an der Universität von Chicago an autistischen Kindern forschen konnte. Seine "Ergebnisse" führten zur Verdammung der Mütter verhaltensauffälliger Kinder. Erst sehr viel später zeigte sich, dass Bettelheim viele seiner Therapieerfolge erfunden hatte und es den ihm anvertrauten Kindern in Heimen keineswegs besser erging als zu Hause.
Auch die ein oder andere Nobelpreisverleihung basiert auf Arbeiten, die unseriös durchgeführt wurden; unter anderem sah so mancher Wissenschaftler den Ideenklau als völlig legitim an. Solche und eine Fülle weiterer Betrugsfälle behandelt das Buch nach Wissenschaftsgebieten geordnet, wobei den einzelnen Porträts einer Sparte eine kurze Einführung vorausgeht.
Die Inhalte dieses Buchs dürften die meisten Leser verblüffen. Es finden sich Namen darin, deren Träger in Lehrbüchern als Inbegriff integrer wissenschaftlicher Arbeit auftreten, zum Beispiel Gregor Mendel, der Vater der Vererbungslehre, oder Sigmund Freud. Einige der Protagonisten sind weniger bekannt, weil sie auf sehr speziellen Gebieten forschten und die sich anbahnenden Skandale gut vertuscht wurden, andere, etwa den "Krebsarzt" Ryke Geerd Hamer, wurden durch die Medien einem weiten Publikum bekannt. Alle haben gemein, dass sie irgendwann im Lauf ihres Lebens der Verlockung erlagen, den steinigen Weg zum wissenschaftlichen Erfolg abzukürzen oder komfortabler zu gestalten; manche waren psychisch krank.
Das Buch ist kurzweilig und allgemeinverständlich geschrieben; Vorkenntnisse auf den einzelnen Wissensgebieten, aus denen die porträtierten Forscher stammen, sind nicht notwendig. An den Naturwissenschaften interessierte Leser würden sich bisweilen allerdings etwas mehr Tiefe wünschen, um besser ermessen zu können, welcher Schaden durch den dargestellten Betrug entstanden ist. Denn die Hintergründe finden nur selten eine mehr als flüchtige Erwähnung.
Etwas ärgerlich wirkt die ziemlich nachlässige Handhabung der Zeichensetzung. Auch die stark "pixeligen" Fotos bereiten nicht unbedingt Freude. An einigen Stellen ist der Naturwissenschaftler etwas irritiert: Kann man zum Beispiel wirklich am Klang eines Geigerzählers erkennen, ob radioaktiver Phosphor oder radioaktives Jod vorliegt? Wohl kaum. In einigen Fällen werden zudem eher vage Mutmaßungen über mögliche Betrügereien geäußert; konkrete Beweise oder, wo es solche nicht gibt, eine Streichung des Verdachts wären für die meisten Leser vermutlich attraktiver.
Insgesamt aber handelt es sich um ein sehr interessantes Buch, das aufzeigt, wie verführerisch die Aussicht auf Ruhm, Geld und Erfolg, und wie destruktiv übergroße Erwartungen und Druck sich auch auf Wissenschaftler auswirken können - und dass kein Beruf vor Schwindel und Fälschungen gefeit ist.