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Firmin kommt in den 60er Jahren in Boston zur Welt - im Keller einer Buchhandlung, als dreizehntes Kind. Denn Firmin ist eine Ratte.
Da er der jüngste und schwächste der Geschwister ist, fängt er notgedrungen an, sich von Buchseiten zu ernähren.
Schnell merkt er, dass jedes Buch einen anderen Geschmack hat. Von dieser Entdeckung ist es nicht mehr weit, bis er beginnt, lieber zu lesen anstatt die Seiten anzuknabbern. Und so eröffnet sich ihm ein ganz neues Universum, gefüllt von schönen, schrecklichen, langweiligen, bewegenden, herzzerreißenden und spannenden Ereignissen.
Je mehr er liest, desto mehr fängt er an, neugierig auf die Menschen und ihre Eigenheiten zu sein. Ihre Welt scheint so reich zu sein, ganz im Gegensatz zu seiner. Und so versucht er, ihre Freundschaft zu erlangen.
"Firmin - Ein Rattenleben" hört sich nach einer interessanten Geschichte an. Eine Ratte, die beginnt, sich für Literatur und das Leben der Menschen zu interessieren. Doch leider ist die Umsetzung nicht so packend, wie sie sein könnte.
Nur sehr langsam kommt die Erzählung in Fluss, der Autor lässt die erzählende Ratte - Firmin selbst - sehr weit ausholen und -schweifen. Leider geht da irgendwann das Interesse des Lesers verloren, wenn auf der nächsten Seite doch nur wieder der Geschmack eines Buches, das Aussehen des Buchhändlers oder Firmins eigene merkwürdige Gedankenwelt erklärt wird. Stellenweise wirkt es, als wäre es dem Autor wichtiger, einen weiteren berühmten Namen oder Titel in seiner Geschichte unterzubringen, als die Handlung voran zu treiben.
Da die Geschichte in Bosten spielt, gewinnt man einen ganz guten Eindruck von dieser Stadt und speziell vom Viertel am Scollay Square. Dieses Viertel gibt es heute nicht mehr, es wurde zerstört, um Platz für modernere Bauten zu machen. Eben diese Zerstörung wird auch im Buch behandelt. Zwar erlebt man das ganze Geschehen aus Rattensicht, da Firmin aber sehr stark vermenschlicht wurde, fällt das stellenweise kaum auf.
Firmin als Ratte verhält sich so sehr wie ein Mensch, dass man hin und wieder vergisst, dass er keiner ist, und es einem erst auffällt, wenn er selbst beklagt, kein Mensch zu sein und keinen wirklichen Zugang zu ihrer Welt zu haben, nur Zuschauer zu sein. So ähnlich mag es so manchem Mitglied der Gesellschaft gehen, der aus mangelndem Vermögen oder anderer Herkunft am Rande steht, nur zusehen darf. Diese Verbindung ist gelungen, man beginnt, über die vielen Menschen nachzudenken, die aus den unterschiedlichsten Gründen von der breiten Masse ausgegrenzt werden. Allerdings nimmt die Menschlichkeit Firmins merkwürdige Züge an, wenn er beginnt, von Frauen zu schwärmen und versucht, zu verleugnen, dass eine Ratte nun mal eine Ratte ist. Er träumt von Höherem
Die Aufmachung ist wunderbar und passt exzellent. Die Zeichnung auf der Vorderseite stimmt ein, gibt dem Leser ein Bild von Firmin, während der Rough Cut der Buchseiten den Eindruck entstehen lässt, man würde hier wirklich ein altes Buch aus einem Antiquariat in der Hand halten.
Firmin ist für Literaturfreunde ein Vergnügen, man erlebt, wie eine Ratte entdeckt, dass es etwas Höheres im Leben gibt. Allerdings wird diesem Höheren leider der Lesespaß geopfert.