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Lord Peter Wimsey möchte einige Tage in Schottland verbringen. Er hat sich eine Künstlerkolonie als Urlaubsort ausgesucht und richtet sich auf eine äußerst langweilige und ereignislose Zeit ein.
Doch weit gefehlt. Bereits wenige Tage nach seiner Ankunft wird Campbell, einer der Maler, der von allen gehasst und verachtet wird, tot aufgefunden. Wimsey ist sich im Gegensatz zu den ermittelnden Polizeibeamten absolut sicher, dass der Mann ermordet wurde. Er macht sechs Verdächtige aus, die seiner Meinung nach ein Motiv gehabt haben, den ungeliebten Maler umzubringen.
Leider scheinen diese Personen allesamt ein wasserdichtes Alibi zu haben. Doch Wimsey entdeckt eine Möglichkeit, am Ort des Mordes aufzutauchen und unerkannt wieder zu verschwinden. Und plötzlich scheinen sich die Alibis eins nach dem anderen in Luft aufzulösen. Nur Beweise für den Mord finden sich nicht. Wimsey versucht den Mörder zu einer unüberlegten Tat zu provozieren - doch er hat nicht mit der Schläue und Entschlossenheit des Täters gerechnet.
1931 erschien "Five Red Herrings", der sechste Kriminalroman von Dorothy L. Sayers, in dem der überaus scharfsinnige und amüsante Gentleman-Detektiv Lord Peter Wimsey ermittelt. Der Roman erschien in Deutschland unter dem Titel "Fünf falsche Fährten", seltener auch als "Fünf Rote Heringe", in vielen verschiedenen Variationen und ungezählten Auflagen. Der vorliegende Band aus dem Hause Rowohlt ist besonders gelungen, da hier ein sehr passendes, wunderschönes Titelbild ausgesucht wurde. Auch die gewohnt gute Übersetzung von Otto Bayer ist positiv zu erwähnen.
Der Kriminalfall selbst jedoch erweist sich als äußerst sperrig und unübersichtlich. Nicht nur die endlosen, scheinbar sinnlosen Gespräche des Lords mit den Verdächtigen sind nervig, vor allem ist es die zentrale Bedeutung der Abfahrtszeiten des Regionalzugs, ein Faktor, der den Spaß an diesem Roman merklich trübt. Wohl an die hundert Seiten wird Zug gefahren, werden Abfahrtszeiten und Ankunftszeiten, Wegstrecken und Aufenthalte gegeneinander verrechnet und mit den jeweiligen Aufenthaltsorten der Verdächtigen verglichen. Dies ergibt ein so komplexes, variantenreiches und kaum nachvollziehbares Muster, dass es kaum Spaß macht, hinter diese Tabellen und die ihnen innewohnenden Möglichkeiten zu kommen.
Ganz im Gegensatz dazu gelingt der Autorin eine fesselnde Charakterstudie der Verdächtigen und des Mordopfers. Hier liegt die Stärke dieses Kriminalromans und hier liegt auch die Ursache für die ungebrochene Faszination, die von den Romanen Dorothy L. Sayers ausgeht.
Die Menschen werden so deutlich hinter ihren Schilderungen, dass man sie für reale Personen hält und ihren Handlungen zu folgen vermag. Hinzu kommt der wundervolle Humor und die immer leicht ironisch gestaltete Ermittlung des Lords. Zwar kommt in diesem Buch der schillernde Charakter des Detektivs ein wenig zu kurz, kann aber immer noch über die teils beträchtlichen Längen hinweghelfen.
Dieser Roman ist etwas für Fans der Autorin und Lord Peters. Sie werden sich köstlich amüsieren und den Fall minutiös nachvollziehen wollen. Einsteigern seien aber Bücher wie "Diskrete Zeugen" (
hier nachzulesen), "Es geschah im Bellona-Club" (
hier nachzulesen) oder das Hörbuch "Starkes Gift" (
hier nachzulesen) empfohlen. Sie eignen sich als Einstieg deutlich besser als der vorliegende, teils arg komplizierte, teils gar langweilige Fall der "Fünf Roten Heringe".