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 Geschichte des organisierten Verbrechens


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Preis - Leistungs - Verhältnis


Wenn bei terroristischen Anschlägen mehrere Menschen getötet oder verletzt werden oder wieder einmal das Leid junger, in den Westen verkaufter und zur Prostitution gezwungener Osteuropäerinnen in den Fokus der Medien gerät, wenn Bandenkriege unter Drogenhändlern Todesopfer fordern und in einem Gemüselaster halb erstickte und verdurstete illegale Immigranten entdeckt werden, wird die aufgeschreckte Öffentlichkeit auf ein Phänomen aufmerksam, dessen Ausmaß und Brisanz sie freilich kaum einzuschätzen vermag: das organisierte Verbrechen.
In seinem Buch zu diesem Thema verfolgt der Autor die Anfänge bedeutender und berühmter Verbrechensorganisationen, wobei er sich im ersten Teil zunächst an einzelnen Ländern orientiert. Am Anfang steht "natürlich" Italien mit seiner namensgebenden Mafia. Ein gebührend langes Kapitel befasst sich mit der amerikanischen Cosa Nostra, die viele weithin bekannte Gangsterbosse wie Al Capone hervorbrachte, deren Persönlichkeiten oft nachträglich eine romantische Verklärung erfuhren, die enge Verbindungen zu den Größen aus Glamour und Politik unterhielten - etwa zu Frank Sinatra -, und die in Hollywoodfilmen verewigt wurden. Wie einzelne "Familien" oft unter Mord und Totschlag verschmolzen oder sich auflösten, wie sich Einzelne innerhalb dieser Familien zu gefürchteten Bossen hocharbeiteten, wie sich die von Sizilianern geprägte Cosa Nostra auch irische, jüdische und sonstige Gruppen einverleibte, liest sich in der Tat fast wie ein Filmdrehbuch. Nicht minder interessant sind die im Westen weniger bekannte, auf die Shogunzeit zurückgehende japanische Yakuza, die chinesischen Triaden mit ihrer ähnlich langen Tradition und die "Organisazija" aus Russland.
Weitere Kapitel schildern die aktuellen Bandenszenen in den USA, in Großbritannien, im restlichen Europa und auf globaler Ebene mit ihrer zunehmenden Vernetzung und raschen Reaktion auf technische und politische Veränderungen. Der Autor geht auch detailliert auf die Opfer des organisierten Verbrechens ein, wobei die Grenze zwischen Tätern und Opfern innerhalb von Bandenkriegen meist nicht klar zu ziehen ist, auf den leider selten von durchschlagenden Erfolgen gekrönten Kampf gegen die verschiedenen Gruppen, auf Freunde und Verbündete in Politik, Wirtschaft, "High Society" - siehe oben - und Geheimdiensten, und widmet schließlich das letzte Kapitel den "Schlüsselfiguren", den Großen innerhalb der Mafiaorganisationen.

Das organisierte Verbrechen hat etwas Faszinierendes, wie man unschwer dem Erfolg des Films "Der Pate" entnehmen kann. Dem Autor des vorliegenden Buchs gelingt es, diese Faszination trotz des Sachbuchcharakters seines Werks in angemessener Weise zu vermitteln, denn auch sie gehört zur "Mafia", zumal viele Organisationen als Freiheitskämpfer begonnen haben. In Southwells Buch geht es aber vornehmlich darum, eine fundierte, übersichtliche Historie der bedeutenden Organisationen anzubieten und aus ihr die gegenwärtige Situation und einen Ausblick auf das 21. Jahrhundert herzuleiten. Vor allem soll der Leser einen Einblick in die komplexen Verflechtungen der Organisationen untereinander, ob kooperativer oder konkurrierender Natur, sowie mit Politikern, Wirtschaftsbossen, Geheimdiensten wie der CIA und anderen "Strippenziehern" mit scheinbar weißen Westen erhalten. Der Autor beschreibt auch sehr gut, welcher Art die Geschäfte sind, aus denen die verschiedenen Organisationen ihre exorbitanten Gewinne beziehen, wie rasch diese sich im Laufe ihrer Geschichte neue Quellen zu erschließen wussten, wie sie Neulinge vor allem unter männlichen Jugendlichen ohne Familienanschluss rekrutieren, und wie sie den Markt untereinander aufteilen; die meisten Details dürften auch fleißigen Zeitungslesern nicht bekannt sein.
Es spricht für David Southwell, dass er, der insgesamt nie effektheischend die Brutalität der Mafia-Verbrechen ausschlachtet, den Opfern des organisierten Verbrechens in Form eines eigenen Kapitels ein Mahnmal setzt, das als einziges eine - im angemessenen Rahmen - sentimentale Färbung besitzt. Anders als viele Journalisten versucht er jedoch nicht, den Leser zu fesseln, indem er in diesem Ängste kultiviert. Das ist dank seines packenden Stils, des durchdachten Aufbaus des Buchs und natürlich der per se äußerst spannenden Materie auch gar nicht notwendig.
Am Anfang und Ende des Buchs befindet sich jeweils eine Serie von Fotos von Persönlichkeiten, die bezüglich des organisierten Verbrechens eine bedeutende Rolle spielten, sowie von typischen themenbezogenen Szenen aus der heutigen Zeit.

Dieses Buch ist für einen breiten Leserkreis zu empfehlen, nicht nur für Fans von Al Capone und "Lucky" Luciano oder James Bond. Es bietet interessant aufbereitet die Hintergründe zu einem politisch hochbrisanten, in seiner Bedeutung oft unterschätzten Thema, das mittelbar und, wenn man Pech hat, auch unmittelbar jeden von uns angeht.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. Februar 2007 | ISBN: 9783771643447 | Originaltitel: The History of Organized Crime | Preis: 22,95 Euro | 416 Seiten | Sprache: Deutsch

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