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Auf dem aktuellen Markt europäischer Strategiespiele werden Würfel gar nicht gerne gesehen - schließlich bedeutet Würfeln, dass ein enormer Zufallsfaktor in das Spiel eingebracht wird, und das mögen Vielspieler nun mal nicht. Erfolgreiche Titel des letzten Jahres, die Würfel als einen zentralen Mechanismus einsetzten, wie "Yspahan", "Um Krone und Kragen" oder jüngst "Stone Age", richteten sich demnach auch mehr an ein Familienpublikum. Andreas Seyfarths "Giganten der Lüfte" schlägt als reines Würfelspiel ebenfalls eher in diese Kerbe - doch hätte dieser Titel auch für eine breitere Zielgruppe interessant sein können. Hätte, weil das Spiel zwar anders als beispielsweise "Um Krone und Kragen" nicht als bloße Kniffelvariante gelten muss und immer noch bis zu einem gewissen Grad beeinflussbar ist, aber dafür an anderen Stellen unverzeihlich schludert.
[imgleft]images/UploadGrafiken/GigantenderLuefte1.jpg[/imgleft] Als Thema für "Giganten der Lüfte" dienen die 20er und 30er Jahre um den Bau des berühmten Luftschiffes "Hindenburg". Die Spieler bauen ein Luftschiffunternehmen auf und versuchen, sich die besten Ingenieure, Motoren, Bauteile, Kontrolleure, Finanziers und Hangars zu sichern, um damit die größten Luftschiffe oder sogar an der Hindenburg selbst bauen zu können.
Im Detail läuft das so ab, dass man, wenn man an der Reihe ist, eine neue Karte für den zentralen Spielplan aufdeckt und sich dann eine Karte darauf aussucht, um die man diese Runde würfelt. Am Anfang besitzt man dabei nur zwei weiße Würfel und kann daher auch noch um keine Karte spielen, die mehr als das erfordert. Jede Karte zeigt dabei eine bestimmte Kombination von Würfeln, die man braucht, um eine bestimmte Mindestsumme zu erreichen. So muss man beispielsweise versuchen, mit zwei weißen Würfeln, die jeweils Zahlen von eins bis drei zeigen, fünf Punkte zu erreichen. Da ist es von Vorteil, wenn man alle drei zur Verfügung stehenden weißen Würfel auch werfen darf, denn das erhöht die Chance, mit zwei Würfeln auf die geforderte Summe zu kommen.
Schafft man es, die Punktzahl zu erreichen, darf man sich die Karte nehmen und auf das eigene Tableau legen, wo sie fortan einen Bonus in Form weiterer Würfel oder Punkte bringt. Erreicht man die Punktzahl nicht, hat man noch die Möglichkeit, einige seiner Bonus-Chips auszugeben, um die gewürfelte Zahl zu erhöhen und so doch noch die Hürde zu nehmen. Kann man auch das nicht, bekommt man einen Bonus-Chip als Trostpflaster, von denen man auch drei ausgeben kann, um zweimal hintereinander dran zu sein.
[imgright]images/UploadGrafiken/GigantenderLuefte2.jpg[/imgright] So entwickelt man sich nach und nach weiter, holt sich die besseren roten und schwarzen Würfel herbei, die höhere Punktzahlen zeigen, und kann mit ihnen dann um die Luftschiffe würfeln, was Siegpunkte bringt. Das geht so lange weiter, bis eine bestimmte Zahl von Zeppelinen gebaut oder die Hindenburg fertig gestellt wurde. Derjenige mit den meisten Siegpunkten gewinnt.
An sich funktioniert das mit dem Würfeln um bessere Karten sehr intuitiv, kinderleicht und schnell. Die Frage, ob man eine bestimmte Summe erreichen wird, ist dabei vor allem bei Schlüsselkarten immer wieder spannend. Dass dem ein hoher Glücksfaktor inneliegt, stört da eigentlich nicht weiter - problematisch wird lediglich das andere, wesentlich gravierendere Glücksmoment der Karten, die man zur Auswahl hat. Die Ausbaukarten sind nämlich sehr unausgeglichen. Natürlich sind schwächere Karten einfacher zu bekommen als stärkere, aber der Unterschied ist nicht sehr groß. Manchmal unterscheiden sich sogar Karten mit dem exakt gleichen Effekt im Schwierigkeitsgrad. Gelegentlich wird eine Partie also weniger darüber entschieden, wer das größere Würfelglück hat, sondern darüber, wer beim eigenen Zug die lukrativsten Karten aufdeckt und sie sich sofort aneignen kann. Beim Spiel zu viert geschah es sogar einmal, dass ein Spieler in der ersten Runde aussetzen musste, weil er mit seiner Startkonstellation schlicht um gar keine Karte spielen konnte. Etwa zur Hälfte einer Partie wird dann ein Spieler wesentlich besser dastehen als die anderen und mit seiner Übermacht die besten Zeppeline wegschnappen. Ein schlechterer Spieler übersieht jedoch freilich schon mal, dass nur die Luftschiffe auch Punkte bringen und baut sich dann nur bei den anderen Karten weiter aus.
[imgleft]images/UploadGrafiken/GigantenderLuefte3.jpg[/imgleft] Bei den Zeppelinen liegt aber auch der zweite große Knackpunkt von "Giganten der Lüfte" - es gibt einfach zu wenige, beziehungsweise gibt es sie zu früh. Die ersten Luftschiffe kann man sich bereits ganz am Anfang holen und im schlimmsten Fall ist das Spiel nach acht gebauten Zeppelinen sofort vorbei. Ein Spieler, der in Führung liegt, wird dies noch beschleunigen wollen und können, sodass das Ende einer Partie häufig viel zu früh eintritt. Viel besser funktioniert das Spiel, wenn man entweder bis zur Vollendung der Hindenburg spielt oder bis zum kompletten Aufbrauchen des Ausbaukartenstapels, was beides das Spiel ein bisschen verlängert und mehr Siegpunkte in die Partie bringt.
Denn an sich macht das Schmeißen vieler Würfel, das Hoffen auf gute Zahlen und das Überlegen, ob man seine wertvollen Bonus-Chips jetzt einsetzen soll, durchaus Spaß und hat das Potential zu einem durchaus passablen Titel, der auch Feinden des Würfels gefallen könnte. Doch dafür muss man das eher unausgegoren wirkende Spiel noch selbst ein bisschen modifizieren, und auch dann bleibt das Problem der unterschiedlich starken Karten.
Wer also gute Spiele mit Würfeln sucht, der schaut sich lieber mal "Yspahan" oder "Stone Age" an. Wem dort nicht genug gewürfelt wird, der kann freilich mal einen Blick auf "Giganten der Lüfte" werfen.