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London, 1926: Will Marble ist verzweifelt. Ganz langsam stößt er finanziell an seine Grenzen. Der Schuldenberg wird immer höher und er sieht keinen Ausweg mehr. Seine Frau scheint das gar nicht zu bemerken, schließlich gibt sie weiterhin sein Geld aus. Auch die beiden Kinder haben anscheinend überhaupt kein Gespür für seine Wills Unruhe, wieso sollten sie ihn sonst auch immer stören und ärgern. Besonders, wenn er in seinem abendlichen Glas Whiskey einen Moment der Erholung und des Vergessens sucht. Als eines Abends plötzlich sein vermögender Neffe Jim Medland vor der Tür steht und dieser ihm eröffnet, dass er niemanden in London kennt und niemand weiß, dass er da ist, sieht Marble seine Chance auf Rettung. Doch wie groß sind seine Schuldgefühle, als die Tat vollbracht und das Geld fast durchgebracht wurde?
"Grausame Schuld" ist ein Kriminalroman aus der Feder des britischen Schriftstellers C.S. Forester, der mit diesem Band 1926 seinen größten Erfolg feierte. Die Neuauflage bringt das zeitgenössische Werk in unsere Epoche und lässt die authentischen Gedanken des Autors erneut lebendig werden.
Das Buch lässt sich am einfachsten mit den Worten faszinierend, spannend und authentisch beschreiben, denn bereits nach den ersten paar Seiten wird deutlich, wie herrlich lebendig das Leben in den 1920er Jahren Londons erscheint. Sehr glaubwürdig werden Details erläutert, die längst in Vergessenheit geraten sind: große Armut nach dem Ersten Weltkrieg, Verzweiflung bei den Überlebenden, starke Ängste vor der Zukunft. Außerdem wird durch Will Marble eine Persönlichkeit erschaffen, die sowohl das Gute, zeitgleich aber auch das Schreckliche in sich beherbergt. Dabei stellt sich als allererstes die Frage, wie weit jeder selbst zu gehen bereit ist, wenn das Wohl der Familie auf dem Spiel steht.
Interessant ist es mitzuerleben, wie jeder Protagonist in diesem Werk die Schuld der Misere nicht bei sich, sondern bei den anderen sucht. Will sieht sich selbst als guten Menschen, der alles für seine Frau und die beiden Kinder getan hat. Schließlich ist seine Frau diejenige, die mit dem Geld nicht haushalten kann. Er muss deshalb doch nicht auf Tabak, Alkohol und gutes Essen verzichten, oder? Was sollten auch die Nachbarn denken, wenn sie sich nicht den jährlichen Urlaub leisten könnten oder die Geschenke an Weihnachten kleiner ausfallen würden? Durch diese Passagen wird klar, wie stark Will Marble von den Gedanken der anderen Menschen abhängig ist und wie leicht er dadurch seine eigenen Grenzen überreizt.
Seine Frau wird hier zu Beginn als etwas dümmlich dargestellt. Eine typische Hausfrau, die nur für die Küche und die Kinder geeignet scheint. Auch die beiden Jüngsten scheinen zwar schulisch recht clever zu sein, haben aber keine Ahnung, was ihren Vater so bewegt. Doch im Verlauf der Handlung entwickeln sich alle drei zu immer stärkeren Persönlichkeiten, die für Will Marble zu einer eigenen Prüfung werden.
Kann Will Marble für den Mord an seinem eigenen Neffen davon kommen? Wären doch nicht die Schuldgefühle, die an ihm nagen würden. Gerade zu Beginn denkt er noch ganz viel über seine Tat und die Folgen nach. Die Ängste, dass jemand den Leichnam im Garten entdecken könnte, die Gefahr, wie jemand sehen könnte, dass er nur große Geldscheine eintauscht und plötzlich mehr zum Leben ausgibt, als er bei seiner Arbeit in der Bank verdient. Diese Szenen werden sehr realistisch und dramatisch dargestellt. Natürlich ist der Leser hin- und hergerissen. Zum einen wird erwartet, dass Will Marble seiner gerechten Strafe überführt wird, zum anderen wird gewünscht, dass die Familie eine Chance erhält.
Fazit: "Grausame Schuld" ist ein großartiges Werk, das sich nur schwer in eine Schublade stecken lässt. Der Unterhaltungswert ist dabei immens hoch, denn hier werden viele Ideen und Gedanken präsentiert, die für Aufregung und Spannung sorgen. Also für Freunde von klassischer und zeitgenössischer Literatur wie zum Beispiel von Edgar Allen Poe ein absolutes Muss.
Eine Leseprobe ist auf der Verlagsseite verfügbar.