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Das hatte sich Mollel, der Massai-Ermittler des britischen Autors Richard Crompton, anders vorgestellt: Anstatt Lorbeeren für seinen ersten gelösten Fall zu ernten, wird dieser vom Polizeipräsidenten aus der Zentrale in Nairobi verbannt und nach Mail Ishirini, einer kleinen Gemeinde zwischen dem Naivasha-See und dem Nationalpark "Hell's Gate", zwangsversetzt. So langweilig dies zunächst klingt, merkt Mollel schnell, dass er seinen Kampf für Gerechtigkeit auch hier führen kann. Denn als eine Pflückerin von der nahegelegenen Blumenfarm wegen Diebstahls entlassen wird, wird kurze Zeit später deren Leiche gefunden. Zusammen mit seinem neuen Kollegen Shadrack stellt Mollel erste Ermittlungen an und muss bald feststellen, dass in Maili Ishirini ein Menschenleben wenig wert ist. Tief dringt er in einen kriminellen Sumpf ein, in dem Vetternwirtschaft, Bestechung und Mord auf der Tagesordnung stehen, wo zunehmend unklarer wird, wer überhaupt auf der Seite der Gerechtigkeit steht.
Als hätte er seine Gedanken gelesen, sagt der Krieger zu ihm: "Sie haben den Himmel genommen und in Bande gelegt."
Ähnlich wie im Vorgängerroman "Wenn der Mond stirbt" beginnt auch hier alles mit einer im Wasser treibenden Frauenleiche. Und hier, wie dort, ist dies erst der Beginn eines kriminellen Geflechts, obwohl anfangs wenig darauf hindeutet. Denn bei der Toten handelt es sich "nur" um eine entlassene Baumwollpflückerin, deren Schicksal kaum jemanden zu interessieren scheint. Doch als Mollel eines Abends einen unfreiwilligen Ausflug unternimmt, erfährt der Fall eine ganz neue Dimension. Selbst Mollel muss jetzt um sein Leben fürchten.
Besonders die vielen undurchsichtigen Charaktere – zum Beispiel Mollels Polizeikollegen Shadrack oder Choma, die Wildhüterin Kibet wie auch der dubiose Geschäftemacher und Hintermann Mdosi – lassen den Leser lange im Unklaren, auf welcher Seite die einzelnen Personen stehen. Zunehmend muss dieser jedoch auch feststellen, dass sich die Figuren des Romans nicht einfach in Gut und Böse einteilen lassen. Denn Richard Crompton zeichnet keine platten, eindimensionalen Charaktere, sondern Menschen, die ähnlich wie Mollel zerrissen sind. Zerrissen zwischen Tradition und Moderne, zwischen den Kulturen, zwischen Recht und Gerechtigkeit.
Mollel überdenkt das Netz aus Spionage und Überwachung, das sich plötzlich über den kleinen, unbedeutenden Ort spannt.
Gerade die Person des Ermittlers Mollel gewinnt durch Rückblenden in seine Vergangenheit Konturen. Gemeint ist dabei nicht nur die unmittelbare Vergangenheit, in der seine Frau tragisch bei einem Bombenanschlag ums Leben kam, sondern auch die Kindheitserfahrungen bei seinem Onkel, welcher die Familie nach dem Tod seines Vaters tyrannisch beherrscht. Nicht nur dadurch gibt sich der Roman erstaunlich tiefgründig und weiß um die inneren Probleme Kenias. Im Verlauf des Falles kommt zudem Mollels Gewieftheit zum Vorschein, der zum Teil ungewöhnliche Wege geht, um seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen.
Was die Handlung angeht, so zeichnet sich der Roman durch viele Wendungen aus, was diesem einige Rasanz und nicht zuletzt Spannung verleiht. Nüchtern betrachtet greift jedoch nicht alles ganz rund ineinander, so dass mancher Handlungsschritt etwas zufällig erscheint. Hinzu kommt, dass besonders die Auflösung des Falles am Ende eine unerwartete und allzu weit hergeholte Wendung nimmt. Dagegen bleibt trotz der Handlungsdichte erfreulicherweise immer wieder auch Zeit für kurze, atmosphärisch detailreiche Beschreibungen der natürlichen Szenerie rund um den Nationalpark Hell's Gate. So atmet der Roman nicht nur den stickigen Korruptionssumpf einer Kriminalgeschichte aus, sondern nimmt den Leser unmittelbar in das kenianische Busch- und Hochland.
FAZIT: Ein wendungsreicher Kriminalroman, in dem der Massai-Ermittler Mollel tief in die Machenschaften einer kriminellen Gang eintaucht. Tiefgründig, spannend zu lesen und dennoch am Ende leider nicht ganz ausgereift. Nichtsdestotrotz lesenswert.
Weitere Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags.