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Wer hat schon eine Großmutter, die sich mit Hexen auskennt? Der kleine Junge kann sich nichts Schöneres vorstellen, als vor dem Schaukelstuhl seiner Oma zu sitzen und ihren Geschichten zu lauschen. Zwar glaubt er nicht alles, was sie ihm erzählt, aber spannend ist es allemal. Und was seine Großmutter ihm über Hexen erzählt, ist sogar wahr. Zumindest versichert sie es ihm immer wieder. Sie war früher nämlich Hexologin und hat in der ganzen Welt versucht, Hexen bei ihrem schrecklichen Tun aufzuspüren und zu vernichten.
Denn das Einzige, was Hexen tun, ist Kinder vergiften, verzaubern und verschwinden lassen. Hexen hassen Kinder. Sie verabscheuen den ekligen Geruch frisch gewaschener Kinder und ihre impertinente Art.
Der Junge lernt, wie er Hexen erkennen kann. Sie haben keine Haare auf dem Kopf, müssen also immer eine ständig juckende Perücke tragen. Sie haben keine Fingernägel sondern schrecklich lange Krallen - darum tragen Hexen immer Handschuhe. Des Weiteren haben Hexen keine Zehen. Ihre Füße sehen aus wie Ziegelsteine. Und ihre Nasenlöcher sind sehr groß und haben einen welligen Rand. Damit wittern sie den für sie nach Hundekötteln riechenden Kindergeruch. Darüber hinaus ist ihre Spucke blau, wer genau hinsieht, kann einen Schimmer der Spucke auf den Zähnen erkennen, denn ausspucken werden Hexen nie.
Eigentlich wäre es also ganz einfach, eine Hexe zu erkennen, sicher aber kann man nie sein, denn Hexen sind schlau, geben sich lieblich und nett und vollbringen ihr teuflisches Tun immer im Verborgenen.
Der Junge denkt kaum darüber nach, bis er eines Tages mit seiner Oma einen Kurzurlaub in einem englischen Hotel an der Küste verlebt. Kaum hat er sich in einem Saal versteckt, um mit seinen zahmen, weißen Mäusen für seinen eigenen Mäusezirkus zu üben, betreten mehr als zweihundert alte Damen den Saal und verriegeln die Türen. Schnell wird dem Jungen klar, dass er mitten in das jährliche Treffen aller englischen Hexen geraten ist. Und was die Hoch- und Großmeisterin aller Hexen nun erläutert, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren.
1983 schrieb der walisisch-norwegische Autor Roald Dahl "The Witches". Seine märchenhafte, realistisch anmutende Hexengeschichte wurde ein Welterfolg, der bis heute andauert. Mit Anjelica Huston als Oberhexe verfilmt, wurde die Geschichte allerdings zu einem simplen, eher auf Schockeffekte setzenden Fantasy-Abenteuer.
Im Februar 2007 machte sich "Der Hörverlag" die Mühe mit Hilfe des Schauspielers und Sprechers Ulrich Noethen eine möglichst originalgetreue Version als Hörbuch vorzulegen.
Dies erweist sich als sehr schwierig. Denn die erste Stunde des Vortrags ist langweilig und kompliziert. Immer wieder fragt der Hörer sich, wann denn endlich die spannende Geschichte beginnt. Noethen müht sich redlich aber vergeblich, den Einstieg unterhaltsam zu gestalten.
Doch mit einem Mal wird es spannend. Noethen läuft zu großartiger Form auf und gibt den grausamen Hexen ein wundervoll stimmungsvolles Gesicht. Er krächzt, raunzt, schreit, kreischt und hechelt, dass es eine Lust ist, ihm zuzuhören.
Atemlos folgt man dem Vortrag dieses Ausnahmetalentes und wird in den Strudel der seltsamsten und absurdesten Geschehnisse hineingezogen. Nun vergeht die Zeit wie im Fluge und das Hörbuch erweist sich als glänzende Interpretation des Textes von Roald Dahl. Sehr viel besser als der Film gelingt es, den dramatischen, oft tiefsinnigen und humorvollen Kern der Geschichte zu erfassen und dem Hörer kenntlich zu machen.
Dank dem Sprecher, den wenigen, durchaus verschmerzbaren Kürzungen des Originaltextes und den herrlich skurrilen Einfällen des Autors legt der Hörverlag ein äußerst gelungenes Produkt vor.
Wäre nicht die mühsame erste Stunde, das Hörbuch wäre perfekt. Hier wären einige Kürzungen und Akzentuierungen angebracht gewesen. Vor allem, wenn man den Sprecher bei seinen meisterhaften Interpretationen der Hexenstimmen gehört hat, bedauert man, dass sich diese erste Stunde wie ein trockener Vortrag ausnimmt.
Fazit: "Hexen hexen" gehört zu den wirklich guten Produktionen des Frühjahres 2007. Für Kinder ab zehn Jahren ist es unbedingt zu empfehlen. Jüngere Zuhörer sollten in Anbetracht der teils heftigen Schilderungen nicht zuhören, Erwachsene aber können ohne Sorgen dieses Hörbuch erwerben und es genießen - es ist ein riesiger, oft sehr spannender Spaß.