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 Honeckers Erben

Die Wahrheit über DIE LINKE

Autoren: Hubertus Knabe
Verlag: Propyläen

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Als die DDR 1989/90 zerbrach, stand die bis dahin den Staat beherrschende Partei SED vor dem Untergang. In seinem Buch beschreibt Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, wie die Partei unter mehrfach wechselndem Namen dank dem Engagement einzelner begabter, ausdauernder Politiker und dank geschickter Schachzüge und Taktiken nicht nur überleben, sondern sich auch einen festen Platz in der gesamtdeutschen Parteienlandschaft erobern konnte.
Der erste Teil des Buchs befasst sich jedoch mit den Wurzeln der deutschen Linken jenseits der SPD seit Liebknecht und Luxemburg und ihren Auswirkungen zunächst auf die Weimarer Republik und hinsichtlich Hitlers Erstarkung und Machtübernahme, anschließend mit den vierzig Jahren DDR unter der SED und den Herausforderungen durch den Zerfall des Ostblocks, somit auch der DDR.
Im zweiten Teil schildert Hubertus Knabe das Vorgehen, mit dem sich die SED, später unter anderem als PDS, Linkspartei und LINKE, über Wasser hielt und schließlich etablierte: durch Verschieben des SED-Milliardenvermögens, als Ostpartei und dann, nicht zuletzt dank der Galionsfigur Lafontaine, als gesamtdeutsche "Partei ohne Programm", wie eines der Kapitel überschrieben ist.
Der dritte Teil untersucht das "Personal": die alten Kader aus der DDR, die 1989/90 vor dem Nichts standen und mittlerweile wieder einträgliche Positionen haben, so genannte Sektierer aus dem Westen - Angehörige extrem linker, uneinheitlicher Strömungen dort -, Gewerkschafter, enttäuschte und gescheiterte Sozialdemokraten und so fort. Oskar Lafontaine ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Ein Epilog sowie Abkürzungen, Anmerkungen (insbesondere Quellenangaben) und ein recht umfangreiches Personenregister schließen das Buch ab.

Die LINKE spaltet. Es gibt Anhänger; es gibt das Gros der Gesellschaft, das die LINKE nicht gerade mag, aber auch nicht sonderlich zur Kenntnis nimmt, und es gibt vehemente Gegner wie den Autor des hier besprochenen Buchs. Dass dieser eine klare Abneigung gegen den Gegenstand seines Werks besitzt, hat dem Buch jedoch keineswegs geschadet, denn umso aufwändiger belegt er seine Ausführungen mit Quellen, und umso intensiver hat er offensichtlich recherchiert, um nachvollziehbare Zusammenhänge aufzudecken, die gesamte Geschichte der deutschen extremen Linken herzuleiten und darzustellen sowie die Hauptpersonen wie Gysi, Lafontaine und andere mehr oder weniger bekannte Größen der Partei die LINKE unter diesem und vormaligen Namen zu portraitieren.
In "Honeckers Erben" zeigt Hubertus Knabe auf, dass die heute noch politisch Aktiven unter jenen, die mithalfen, die DDR bis an den Rand der Zahlungsunfähigkeit zu manövrieren und - von Stasi- und Schießbefehlopfern ganz zu schweigen - 1989/90 eine marode Wirtschaft hinterließen, sich keineswegs hin zu einer demokratischen Grundauffassung geläutert haben und sich reichlich so genannte Betonkommunisten unter ihnen befinden. Knabe legt Aussagen und Quellen vor, die manche vorgeblich weiße Weste dunkel aussehen lassen, und er merkt an, dass der einzig rote Faden im nicht wirklich vorhandenen Programm der Partei die Versprechungen sozialer Wohltaten ohne Angaben zu deren Finanzierung (außer solchen, die die massiv zur Kasse "gebetenen" Unternehmer und LINKER Ansicht nach zu Wohlhabenden aus Deutschland vertreiben würden) sind. Für Knabe ist es auch kein Tabu, auf Gewerkschaftsfunktionäre hinzuweisen, die für die LINKE in Bundestag und Landtagen sitzen, was nicht gerade mit dem Tarifrecht vereinbar ist. Und dies sind nur einige der vom Autor angeschnittenen Themen.
Gut kommt die LINKE in diesem Buch nicht weg. Aber auch SPD und CDU heimsen Kritik ein, weil sie den "Konkursverwaltern" der DDR großzügig Gelegenheit gegeben haben, es sich in der bundesdeutschen Politik gemütlich zu machen und mit demagogischen Methoden und nicht einmal ansatzweise (längerfristig) erfüllbaren Versprechungen auf Stimmenfang zu gehen.
An wen wendet sich das Buch? Sicher nicht an Angehörige der LINKEN und solche Anhänger, die wenig Wert auf Demokratie und durchsichtige Politik legen - eher hingegen an kritische Mitglieder der Gesellschaft, die Parteienfilz gleich welcher Couleur hinterfragen und sich nicht von Beteuerungen der Demokratieverbundenheit und erst recht nicht von rosaroten Versprechungen blenden lassen möchten. Interessante Lektüre bietet das Buch potenziellen Protestwählern - nach Meinung des Autors tut man sich mit linksextremer Protestwahl keinen merklich größeren Gefallen als mit der rechtsextremen Variante. Natürlich umfasst die Zielgruppe vor allem politisch interessierte Menschen, die sich über die deutsche Parteienlandschaft informieren möchten, zu der heute eben auch die LINKE gehört.
Das Buch ist auch ohne umfassende Geschichts- und Politikkenntnisse des Lesers problemlos zu verstehen und in einem angenehmen Stil geschrieben. Tritt auch die Aversion des Autors gegen die LINKE, wie erwähnt, gelegentlich hervor, so kann man ihm dennoch keine Unsachlichkeit vorwerfen: Er weiß seine Argumente stets zu belegen und wartet vor allem mit harten Fakten und nur selten mit eigenen, dann freilich immer begründeten Schlüssen auf.
Ein gut geschriebenes Buch abseits des "Mainstreams" zu einem komplexen, brisanten Thema!

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. März 2009 | ISBN: 9783549073292 | Preis: 22,90 Euro | 448 Seiten | Sprache: Deutsch

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