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 Im Wald

Autoren: Nele Neuhaus
Verlag: Ullstein

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Tief im Taunuswald, in der Nähe eines abgelegenen Ausflugslokals, geht nachts ein Wohnwagen in Flammen auf. Ein Mensch verbrennt bis zur Unkenntlichkeit. Rasch zeigt sich, dass der Brand sorgfältig geplant und gelegt wurde. Es gibt allerdings einen Zeugen, der dem Täter begegnet sein muss. Pia Sander (ehemals Kirchhoff) und Oliver von Bodenstein wissen, dass dieser sich in Lebensgefahr befindet, weil der Mörder ihn gesehen und sehr wahrscheinlich erkannt hat. Doch der junge Mann hat selbst allerlei auf dem Kerbholz und setzt alles daran, sich zu verbergen.

Während die Polizisten sich bemühen, die Hintergründe des Mordes und der Brandstiftung aufzuklären, wird in einem Hospiz eine alte Frau erstickt, die ohnehin nur noch wenige Tage oder Wochen zu leben gehabt hätte. Es stellt sich heraus, dass sie die Mutter des verbrannten Toten ist. Und dann scheint sich eine Schlinge um Bodensteins Hals zuzuziehen: Immer mehr Hinweise machen ihm bewusst, dass der Schlüssel zu den aktuellen Morden - einer sich fortsetzenden Serie - in der Vergangenheit liegen muss, genauer im Sommer 1972, als sein bester Freund spurlos verschwand. In der Folge droht Bodenstein an seiner Aufgabe, die Morde aufzuklären, zu verzweifeln, zumal seine Kollegen seiner Theorie zunächst keinen Glauben schenken.



Bodenstein steht kurz vor seinem Sabbatical, dem vermutlich der komplette Ausstieg aus der Polizeiarbeit folgen wird. Wer wird ihn beerben? Pia Sander, dem Leser noch unter dem Nachnamen Kirchhoff vertraut - mittlerweile hat sie bekanntlich Zoodirektor Sander geheiratet -, ist nervös, denn eigentlich wäre sie die ideale Nachfolgerin, doch Bodensteins Chefin hasst sie und würde sie womöglich schon deshalb düpieren, weil Bodenstein sie empfohlen hat.

Nun kommt eine komplexe Mordermittlung hinzu. Ein ganzes Dorf scheint Bescheid zu wissen und beharrlich zu schweigen. Worum geht es diesen Menschen, die einzeln und für sich genommen doch nicht schlechter sind als andere? Pia Sander und Oliver von Bodenstein - Letztgenannter ist, wie er bald herausfindet, selbst unwillkürlich in die Geschichte verstrickt - entsetzt die Mauer des Schweigens, doch sie sehen sich gezwungen, diese zu durchbrechen, teils auch mit unkonventionellen Mitteln. Die Dorfbewohner, viele von ihnen alte Schulkameraden von Oliver von Bodenstein, wachen sorgfältig über ihren Ruf und den ihrer Familien. Währenddessen geht das Morden weiter. Offensichtlich wissen zu viele Menschen etwas über die Hintergründe, die sich Pia und Oliver nicht erschließen wollen. Erst allmählich erweist sich Olivers Bauchgefühl als richtiger Wegweiser.

Im Sommer 1972 verschwand Oliver von Bodensteins bester Freund Artur spurlos, ein Spätaussiedlerjunge aus Russland; mit ihm Maxi, Bodensteins handzahmer Fuchs, den er über alles liebte und der nur Bodensteins engste Freunde und natürlich ihn selbst an sich heran ließ. Es zeigt sich, dass die Menschen im Dorf einiges über Arturs Verbleib wissen, ohne darüber reden zu wollen. Angst und Scham verschließen ihre Lippen. Als die Ereignisse sich überschlagen und schließlich ein liebenswürdiges Mädchen fast totgeschlagen wird, das keiner Fliege etwas zuleide tun würde, beginnen einige Fassaden zu bröckeln.

Nele Neuhaus hat wieder einmal einen einwandfreien Plot zusammengesetzt, der - wie der Leser es von ihr kennt - mit reichlich falschen Fährten, authentischen Charakteren aus unterschiedlichen sozialen Schichten und dem Einheimischen vertrauten Orten aufwartet. Rhein-Main-Ansässige erkennen beliebte Ausflugsstätten und Restaurants, Orte im und um den Wald wieder und schmunzeln wie die Rezensentin, die aus einem dem zentralen Dorf benachbarten Ort stammt, in dem die Ampel stets praktischerweise rot zeigt, damit die Polizisten ihre SMS und Mails checken können. Doch da Handlung, Figuren und Orte überzeugen, Stimmungen hervorragend transportiert werden und sich das Grauen auf mitreißende Art zunehmend vertieft, vermag die Lektüre mit Sicherheit auch "Taunusfremde" zu faszinieren. Dass recht viel Persönliches gerade bei Bodenstein mit hereinspielt, dürfte die langjährigen Fans der Reihe besonders fesseln, langweilt aber auch Neueinsteiger nicht.

Fazit: Das Warten auf Neuhaus' lang ersehnten nächsten Krimi hat sich definitiv gelohnt!

Eine Leseprobe bietet die Verlagsseite.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 14. Oktober 2016 | ISBN: 9783550080555 | Preis: 22,00 Euro | 556 Seiten | Sprache: Deutsch

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