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Noch tief schlafend wird Inspektor Ali eines Tages von seinem Chef angerufen und ins Polizeipräsidium einbestellt. Denn Scotland Yard sucht einen marokkanischen Polizisten zur Hilfe in einem Mordfall – eine marokkanische Prinzessin ist im Trinity College in Cambridge ermordet worden, und die englische Polizei tappt im Dunkeln. Es ist noch nicht einmal klar, ob es sich um einen Mord oder einen Selbstmord handelt; die adlige Herkunft der Toten macht den Fall zu einem Politikum.
Als Inspektor Ali, bei seinen Kollegen und Vorgesetzten als schräger Vogel, doch bei aller Eigenwilligkeit hoch begabter Ermittler bekannt, in England eintrifft, eckt er zunächst überall an. Der Orientale passt so gar nicht in das englische System. Dennoch konzentriert er sich auf den Verdächtigen, den ihm Scotland Yard auf dem Silbertablett präsentiert, den Leibwächter der Prinzessin, der ihr offensichtlich nachgestellt hat. Gleichzeitig wird der Fall scheinbar immer wirrer.
Und erst beim temperamentvollen Showdown am Ende lösen sich die Fäden voneinander; es zeigt sich, dass Inspektor Ali, den Briten enorm überspitzt einen orientalischen Macho und Trottel vorspielend, im Hintergrund längst den Fall gelöst und den Schuldigen in eine raffinierte Falle gelockt hat.
„Inspektor Ali im Trinity College“ ist nicht nur ein spannender Krimi, sondern nicht zuletzt eine mit spitzer Feder und reichlich Sarkasmus vorgetragene Satire. Hierbei nimmt der Autor weder auf die Briten noch auf seine marokkanischen Landsleute Rücksicht; beide Gruppen einschließlich der Polizei beider Länder bekommen ihr Fett ab.
Zugleich zeichnet Driss Chraïbi seine Charaktere mit sehr großem analytischem und erzählerischem Geschick und Sachverstand. Sie wirken sehr authentisch und handeln gerade in den etwas verrückten Situationen, in die Inspektor Ali sie bringt, nachvollziehbar. Die Figur des Inspektor Ali selbst wirkt indes völlig überzeichnet – bis sich zeigt, dass er den Engländern ganz einfach Theater vorgespielt hat. Doch der Leser muss den schlaksigen, ständig auf eigenwillige Weise englische Klassiker zitierenden Inspektor einfach mögen, der ihn so oft zum Lachen bringt.
Wer der Mörder ist, kann man sich schon ein Stück vor dem Schluss denken. Dennoch verliert der Roman nicht an Spannung, einer Spannung, die sich eher unterschwellig durch die Geschichte zieht und immer wieder an der Oberfläche explodiert. Es gibt auch etliche Passagen zum Schmunzeln, mit sehr hohem Unterhaltungswert, sodass sich der Roman trotz seines Krimicharakters flüssig und auch zur Entspannung lesen lässt.
Ein außergewöhnliches Lesevergnügen!
Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite zum Buch angeboten.