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 Jena Paradies


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Bildqualität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Ton
Die allein erziehende junge Mutter Jeanette und ihr zehnjähriger Sohn Louis leben in Jena in einem Mietshaus. Das Leben der beiden allein ist gar nicht so einfach; Jeanette muss viel arbeiten, um ihrem Sohn und sich ein gutes Leben zu ermöglichen, sie pendelt zwischen ihren Pflichten als Mutter und der handwerklichen Hilfe auf dem Fußballplatz in der Nähe hin und her, ohne wirklich Zeit für sich selbst zu haben.
Als sie sich in den verheirateten Nachbarn Philipp verliebt, gerät die bisher heile Welt der beiden ins Wackeln. Louis ist nicht einverstanden mit dem zarten Anbandeln der beiden; viel lieber würde er seine Großeltern endlich wieder sehen. Warum Jeanette ihre eigenen Eltern und den Rest der Familie nicht sehen will, weiß der Junge nicht.
Dann läuft alles irgendwie schief; Jeanette will Louis eine Freude machen und richtet ein Fest nur für ihn aus, doch Louis findet die Party blöd. Aus Trotz klettert er über das Baugerüst des Hauses, fällt und bricht sich den Arm. Um ihn darüber hinwegzutrösten, fährt Jeanette doch mit ihm zu ihren Eltern, die Hochzeitstag feiern. Doch der Frieden ist nur oberflächlich, die Feier endet unschön; zu allem Unglück scheint Philipps Ehe doch noch nicht vor einem richtigen Aus zu stehen, und plötzlich steht auch noch Jeanettes Mutter vor der Tür.
So hat sich Jeanette ihr Paradies in Jena bestimmt nicht vorgestellt ...

"Jena Paradies" ist Marco Mittelstaedts Debütlangfilm und die Abschlussarbeit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie. Der Film ist kein reines Drama, er würdigt die ruhigen, melancholischen Momente ebenso wie die leichten, unbeschwerten beim Erzählen der Geschichte um Jeanette und ihren Sohn Louis im Osten Deutschlands.
Mittelstaedt legt seinen Schwerpunkt zwar auf die nicht immer einfache Beziehung zwischen der jungen Mutter und ihrem Sohn, hat jedoch auch den Blick für die kleinen Geschichten im Umfeld der beiden. Auf das unerfüllte Dasein des Platzwartes, dem Jeanette zur Hand geht und der keinen rechten Sinn in seinem Leben außer den Fußball sieht. Auf Philipp, den Nachbarn mit Familie, der alles zu haben scheint und doch nicht wirklich glücklich ist. Auf Jeanettes Eltern, die in einer Plattenbauwohnung leben und keinen Zugang mehr zu ihrer Tochter finden.
All diese kleinen Schicksale werden in Mittelstaedts Geschichte mit eingeflochten. Das gelingt mal besser, mal schwächer. So wird der Zuschauer über die gesamte Dauer des Films darüber im Unklaren gelassen, warum Jeanette ein so schlechtes Verhältnis zu ihren Eltern hat, dass sie Louis so ungern dorthin bringt. Wie der Regisseur im Interview bei den Extras betont, sei diese Tatsache absichtlich so gehandhabt, um dem Zuschauer Interpretationsraum zu geben; hier aber fehlt einfach etwas Greifbares, und sei es nur eine Andeutung, um nicht mit Unverständnis zu reagieren.
Leider sind manche Szenen eher episodenhaft und können nicht in den Gesamtzusammenhang eingebettet werden; das Ende wiederum, das viele Fragen offen lässt, zeigt noch einmal schön den Versuch des Regisseurs auf, den Film als eine Art Momentaufnahme aus dem Leben verschiedener Menschen zu betrachten. Das offene Ende als Symbol für das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen und für den Fortgang vieler Probleme, die nicht immer mit einem Happy End gelöst werden können, weiß zu gefallen.
Die Darsteller bieten eine passable Leistung. Stefanie Stappenbeck als Jeanette wirkt manchmal etwas steif und zu überbordend in ihrem Spiel, macht kleine Unsicherheiten jedoch mit ihrer sympathischen Ausstrahlung wett. Der junge Luca de Michieli kann als junger Louis ebenso überzeugen wie Hans-Jochen Wagner als Nachbar Philipp. Auch das übrige Ensemble ist für eine Produktion dieser Größe passabel und weist keine größeren Schwächen auf.

Die Extras der DVD sind vernachlässigbar; es gibt ein Interview mit der Hauptdarstellerin Stefanie Stappenbeck, zwei weitere Interviews mit Mittelstaedt und der Drehbuchautorin Karen Matting sind leider nur in schriftlicher Form vorhanden. Hinzu kommen ein ebenfalls schriftliches Porträt der Kamerafrau Judith Kaufmann, ein paar Informationen über Jena, eine 360-Grad-Rundumsicht auf Jena, eine Fotogalerie und Trailer von "Jena Paradies" und anderen Epix-Filmen.

Ein gutes Debüt, das Marco Mittelstaedt abliefert. Einige Schwächen weist "Jena Paradies" sicherlich noch auf, lässt aber bereits auf weitere Arbeiten des Regisseurs hoffen. Wer kleine, stille Filme ohne großes Brimborium mag, wird sich mit dem vorliegenden Werk mit Sicherheit anfreunden können.

Tina Klinkner



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. September 2006 | Laufzeit: 83 Minuten | Preis: 13,99 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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